Der Wunsch der Bürger ist alt. Nur, erfüllt wurde
er nie. Insofern machen sich Politiker unglaubwürdig, wenn sie alle
Jahre wieder „mehr direkte Demokratie“ versprechen. Gerade ist das
wieder im Landtag passiert, wo sich kurioserweise Vertreter fast
aller Parteien einig gewesen sind, dass Bürger mehr Einfluss verdient
hätten. Klang fast so, als wäre es überfällig, entsprechende Gesetze
zu verabschieden. Da fragt man sich, warum es noch keine gibt.
Immerhin liegt jetzt ein rot-rot-grüner Gesetzentwurf vor, der
mehr Demokratie in den Kommunen des Freistaates ermöglichen soll.
Kaum vorgestellt, feiern die Verfasser ihren Vorschlag und vor allem
sich selbst. Bleibt nur zu hoffen, dass das Gesetz mehr als ein
Placebo sein wird, sonst könnte es das Gegenteil dessen verursachen,
was die Volksvertreter erreichen wollen, nämlich
Politikverdrossenheit aufzulösen. Egal ob mit diesem oder ohne das
neue Gesetz: Schweizer Verhältnisse wird es in Thüringen sicherlich
nicht geben. In der Eidgenossenschaft dürfen Bürger über ganz viel
mitentscheiden und werden dazu mehrmals im Jahr in die Wahllokale
gerufen. Das geht mal mehr, mal weniger überraschend aus; ein
Beispiel: Als die Schweizer vor Kurzem über eine automatische
Abschiebung krimineller Ausländer abstimmen durften, hat eine
Mehrheit für Nein gestimmt – trotz hoher Flüchtlingszahlen und einer
ähnlich wie hier aufgeheizten Stimmung im Land.
Da halte ich mich lieber an Herbert Wirkner (CDU), der im Landtag
mit folgendem Zwischenruf überraschte: „Nutzt die Möglichkeiten, die
es jetzt schon gibt!“ Er ist der Meinung, die Mitbestimmungsrechte
reichen aus, und findet, die Leute machen nur zu wenig daraus.
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