Thüringische Landeszeitung: Eon will sich drücken – Staat muss auf Konzern-Altlasten achten / Leitartikel von Florian Girwert zu den Eon-Plänen

Dass ein Stromkonzern beim Klimaschutz schneller
agiert als die vor Jahren sehr klimaschutzorientierte
Bundesregierung, ist eine Überraschung, die man kaum glauben kann. Es
wird allerdings schnell klar, dass Eon diesen Schwenk nicht aus
reiner Menschenliebe vollzieht, sondern schlicht erkennt, wie
Energieerzeugung in Zukunft funktionieren wird, nämlich stärker
dezentral.

Das Kerngeschäft der vergangenen Jahrzehnte, also Kohle-, Atom-
und Gaskraft sowie der Abbau von Rohstoffen, soll ausgegliedert und
verkauft werden. Schuldenfrei soll die neue Gesellschaft zudem sein –
und alle Rücklagen erhalten, die für die Beseitigung der Auswirkungen
der Kernkraft angesammelt wurden. Die sind mit einem niedrigen
zweistelligen Milliardenbetrag gewiss umfangreich, aber es ist
überhaupt nicht klar, inwieweit das Geld ausreicht. Dass die
Entsorgung teuer werden kann, zeigen die explodierenden Kosten für
die Endlagersuche und in der Lagerstätte Asse, wo regelmäßig neue
Hiobsbotschaften verkündet werden. Sollte sich Eon von dieser Altlast
trennen können, wäre man fein raus. Jahrzehntelang hat nicht zuletzt
die Kernenergie den großen Versorgern ordentliche Gewinne beschert.
Um jetzt die Altlasten zu bezahlen, wird eine Ausgründung, deren
Zukunft wenigstens in Teilen sehr zweifelhaft ist, nicht ausreichen –
das braucht auch die Finanzkraft des ganzen Eon-Konzerns.

Was jetzt droht, ist die Verlagerung der Kosten für die Spätfolgen
der Atomenergie auf den Steuerzahler. Wie schon bei der Bankenrettung
heißt das Motto: „Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren.“ Dem
muss entschlossen ein Riegel vorgeschoben werden. Hier geht es
schließlich nicht um die Stadtwerke Düsseldorf, sondern einen
milliardenschweren Konzern, der sich aus seiner Verantwortung stehlen
will, weil der Gegenwind für alte Konzepte aus Politik und
Gesellschaft einfach zu groß geworden ist.

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