Thüringische Landeszeitung: Europäischer Plan – Alle EU-Länder müssen Flüchtlingen helfen / Leitartikel von Jan-Henrik Wiebe zur EU-Flüchtlingspolitik

Ein gesamteuropäischer Plan ist notwendig, um allen
Flüchtlingen in Europa Schutz zu bieten. Es kann nicht sein, dass
sich einzelne Staaten aus der Verantwortung ziehen – egal ob es die
osteuropäischen Staaten sind, die sich verweigern, oder
Großbritannien. Darauf muss Bundeskanzlerin Angela Merkel dringen.

Europa muss ein Ort der Menschlichkeit sein. Wenn einzelne Staaten
meinen, dass Flüchtlinge keine Menschenrechte besitzen und sie
einfach in ihren Bahnhofsvorhallen vor sich hin vegetieren lassen,
sollte sich die EU-Kommission überlegen, ob sie diese Staaten nicht
endlich sanktioniert.

Mit eigenen Augen habe ich vor zwei Wochen gesehen, wie die
Flüchtlinge am Budapester Ostbahnhof „leben“. Kleine dreckige
Matratzen auf dem Fußboden sind ihr Zuhause. Hunderte, vielleicht
sogar tausende Menschen schlafen auf engstem Raum. Schon bald kommt
der Winter. Jedes Haustier würde man besser behandeln.

Ein großer gesamteuropäischer Aktionsplan muss die Antwort auf die
vielen Flüchtlinge sein. Deutschland kann zwar viel machen, aber nach
Jahren der finanziellen Solidarität mit unseren osteuropäischen
Nachbarn sind wir auch auf ihre Hilfe angewiesen.

Europa funktioniert nur durch gelebte Solidarität. Nationale
Eigeninteressen oder sogar Wahlkampf auf dem Rücken von Geflüchteten
sind fehl am Platz. Auch das Herauspicken von einzelnen
Flüchtlingsgruppen, wie es jetzt aus der Slowakei vorgeschlagen
wurde, darf die EU nicht zulassen. Muslimische Syrer sind nicht
weniger wert als christliche.

Merkel hat recht, wenn sie sagt, dass derzeit die europäische
Flüchtlingspolitik nicht funktioniert. Die Staaten an der
EU-Außengrenze müssen die ankommenden Flüchtlinge registrieren, damit
sie später auf alle EU-Staaten je nach Wirtschaftskraft und
Einwohnern verteilt werden können.

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