Das Recht auf Streik gehört zu den Fundamenten
einer Demokratie. Länder wie Frankreich beweisen jedoch, dass zu
viele Streiks aus nicht gerechtfertigten Anlässen einer Wirtschaft
schwer schaden können. Das ist der Bundesrepublik bisher bis auf
wenige Ausnahmen erspart geblieben. Arbeitgeber und Arbeitnehmer
finden in aller Regel verantwortungsvolle, wohlstandswahrende
Kompromisse.
Deshalb stoßen Streiks in Deutschland überwiegend auf Verständnis
– sogar bei denjenigen, die negativ betroffen sind. Die
Gewerkschaften wissen, dass sie sowohl mit ihren Forderungen als auch
mit ihren Streikmitteln Maß halten müssen.
Lokführer und Piloten indessen drohen nun mit unangemessenen und
deshalb unpopulären Streiks. Die Piloten von Germanwings oder
Lufthansa wollen ein luxuriöses Frühpensionssystem retten, dass
aufgrund verlängerter Lebenszeiten und wachsender internationaler
Konkurrenz nicht mehr in die Zeit passt. Und der Lokführer-Boss Claus
Weselsky führt laut Urteil seines Vorgängers Manfred Schell den
Arbeitskampf wie einen „Heiligen Krieg“; die Bahnkunden werden
unangemessen als Geiseln zur Durchsetzung von Verhandlungszielen
benutzt.
Dabei ist auch klar: Die Absicht der Bahn-Vorstände und auch der
Bundesregierung, kleine Gewerkschaften gewissermaßen unter die
Oberhoheit großer Arbeitnehmerorganisationen zu stellen und ihnen
Verhandlungsrechte zu nehmen, wäre ein schlimmer Eingriff in die
Freiheitsrechte. Entsprechende Pläne der Großen Koalition riechen
geradezu nach Verfassungswidrigkeit.
Um Deutschland in schwieriger konjunktureller Lage vor
zusätzlichem wirtschaftlichen Schaden zu bewahren, müssen Lokführer
und Bahn-Vorstand zügig an den Verhandlungstisch zurückkehren und
sich auf einen vernünftigen Kompromiss einigen. Alles andere wäre
eine Demolierung der bewährten Tarifautonomie.
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