Thüringische Landeszeitung: Gewalt als Argument – EZB hilft Krisenländern im Süden Europas / Leitartikel von Matthias Benkenstein zu den Krawallen von Frankfurt/Main

Brennende Polizeiautos, geborstene Scheiben,
Dutzende Verletzte: Es steht außer Frage, dass die Gewaltausbrüche in
Frankfurt am Main durch nichts zu rechtfertigen sind. Freilich: Nicht
alle Demonstranten waren auf Krawall gebürstet, doch der gestrige Tag
hat wieder einmal daran erinnert, dass es auch auf der linken Seite
des politischen Spektrums ein gewaltbereites Potenzial gibt. Da ist
es mehr als befremdlich, dass sich eine Bundestagsabgeordnete der
Linken hinstellt und die Blockupy-Proteste mit denen für mehr
Demokratie vor einem Jahr auf dem Kiewer Maidan vergleicht.

Davon abgesehen ist gegen Protest an sich natürlich nichts zu
sagen, ob nun gegen Kapitalismus oder Sparpolitik. Doch warum
protestiert man ausgerechnet vor der Europäischen Zentralbank? Warum
nicht vor einer der großen Geschäftsbanken? Warum nicht vor einem
Parlamentsgebäude in der Euro-Zone oder der EU-Kommission in Brüssel?
Und: Warum nicht in Griechenland selbst – gegen schlechtes
Wirtschaften und nicht eingehaltene Versprechen?

Freilich: In vielen politischen Fragen ist die EZB inzwischen ein
entscheidender Akteur, der dabei die Grenze seines normalen Auftrags
überschreitet. Eigentlich sollte sie unabhängig und unpolitisch
handeln. Da ist es dann nicht ganz überraschend, dass der EZB enorme
Macht zugesprochen wird.

Doch so umstritten etwa die Flutung der Märkte mit Geld auch ist:
Sie hilft den Krisenländern im Süden Europas, die nicht wirtschaften
können. Ohne die Milliarden der Notenbank und der Euroländer wäre
Griechenland vermutlich längst pleite, die Wirtschaft dort am Boden
und die Armut noch viel größer.

Über die Politik der EZB lässt sich streiten. Doch anscheinend
sind bestimmten Demonstranten Pflastersteine wichtiger als Argumente.
Es ist schade, dass das Grundrecht auf Protest zum Mittel verkommt,
seinen Hass auszuleben.

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