Die ganz Schlauen werden jetzt wieder sagen: Das
war doch eh klar. Ich aber fühle mich getäuscht. Höher, schneller,
weiter – und das am besten mit Milch, die müde Männer munter macht:
So wurde in meiner Kindheit im Westen Hochleistungssport verkauft.
Wir saßen vor dem Fernseh-Apparat und schauten uns an, wie die Helden
jener Tage von Sieg zu Sieg eilten. Da waren bewundernswerte
Zehnkämpfer, die mir geradezu wie Herkules erschienen. Die spannten
uns mit den Einzeldisziplinen tagelang auf die Folter. Oder diese
Läufer. Einen kenne ich gut – er endete sportlich als traurige
Gestalt, hat aber glücklicherweise nie den Lebensmut verloren, auch
wenn sie ihm die Zahnpasta-Geschichte hämisch nachtragen. Wie war
es wirklich? Darüber sollte offenbar nicht geredet werden. Der Westen
wollte im Kalten Krieg immer doppelt besser sein als der Osten.
Also in diesem Fall: Medaillen einheimsen – und zugleich die Rolle
des Saubermanns spielen. Maschinenmenschen aus dem Osten gegen die
hehren Freizeitsportler aus dem Westen, die einfach besser sein
sollten, weil sie das richtige System hinter sich hatten. So schlicht
wird die Denke der Zuständigen gewesen sein – und dann wurden
Spritzen und Tabletten ausgereicht. Den Verantwortlichen wird wohl
kaum noch einer am Kittel flicken können. Aber Klarheit ist wichtig.
Denn der Blick zurück sollte uns vor allem für die Zukunft lehren:
Ein Sport, der Menschen zu Versuchskaninchen macht, ist eine Schande.
Die Schändlichen aus Medizin und Sportpolitik gehören genannt, auch
wenn es für Strafe wohl oft schon zu spät ist. Auf Klarheit, finde
ich, haben wir ein Recht.
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