Wie würde man in Deutschland wohl reagieren, wenn
sich etwa Bayern selbstständig machen will? Mancher würde sich wohl
unter dem Eindruck von Maut-Debatten und ständigen Querschüssen aus
der Münchner Landespolitik freuen – andere hingegen um die verloren
gehende Wirtschaftskraft fürchten. Dass mancher Schotte sich nach
Unabhängigkeit sehnt, ahnt man schon daher, weil Schottland häufiger
mit englischen Eroberern zu kämpfen hatte und erst seit 1999 ein
eigenes Parlament und eine eigene Landesregierung bekommen hat.
Von wirklichen ethnischen Konflikten aber – denken wir an den
blutigen Konflikt in der Ukraine oder an zum Glück vergangene Kriege
auf dem Balkan – hat man sich im Vereinigten Königreich allerdings
lange verabschiedet. Da sollte man annehmen, die Schotten hätten
mittlerweile wenig gegen die Verwaltung von außerhalb ihrer Heimat.
Weil aber die jüngste Umfrage zum Unabhängigkeitsreferendum nun
zeigt, dass es die Schotten gern allein versuchen wollen, dürfte dem
englisch dominierten Großbritannien zeigen, dass man die schottischen
Belange offenbar nicht ernst genug genommen hat – dabei war der
letzte britische Premier Gordon Brown immerhin selbst ein Schotte.
Offenbar aber sehen sich die Menschen im Norden der Insel nicht
mehr so recht von den Briten vertreten, die im Gegensatz zur
schottischen Minderheit bei jeder Gelegenheit von EU, Euro und
Brüssel weg wollen. Den Schotten nun zu erzählen, ihre Unabhängigkeit
würde den Untergang des Abendlandes bedeuten, wäre allerdings
zwecklos. Man hätte früher und ehrlicher um sie werben müssen. Jetzt
gilt es, das Ergebnis abzuwarten und hinterher kühl abzuwägen, wie es
weitergehen soll.
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