Zufall oder nicht: An dem Tag, an dem die beiden
christlichen Kirchen Maßlosigkeit anprangern und gegen die Gier eines
ausufernden Finanzkapitalismus zu Felde ziehen, wird der Bericht über
den Limburger Protz-Bischof Tebartz van Elst fertig und liegt jetzt
bei Erzbischof Zollitzsch. Deshalb: Die Maßstäbe, die die Kirchen an
andere anlegen, müssen sie auch für sich selbst gelten lassen. Das
gilt nicht nur im Fall Limburg, wo Gier und Maßlosigkeit an der
Tagesordnung waren. Auch die evangelische Kirche steht in der Kritik,
wenn es um das Streikrecht in diakonischen Einrichtungen geht. Und
wie die katholische Kirche als Arbeitgeber mit wiederverheirateten
Geschiedenen umgeht, zeugt mehr von engstirnigem Denken als von
menschlicher Einstellung.
Die Kirchen wollen sich mit diesen gesellschaftspolitischen Thesen
wieder in die Diskussion bringen, sie wollen verlorenes Terrain
wiedergutmachen. Aber irgendwie wirkt das Papier ziemlich zahnlos, es
verharrt eher im Allgemeinen, wirkt wenig konkret. Und was über die
Auswüchse des Finanzkapitalismus gesagt wird, hat man so oder so
ähnlich von den Bundespräsidenten Köhler und Gauck gehört. Für eine
moralische Einordnung der Finanzkrise kommt dieses Papier um Jahre zu
spät.
Und es fehlt ihm die Radikalität eines Umdenkens, einer
Ausrichtung auf die Armen der Gesellschaft, wie sie Papst Franziskus
seit seinem Amtsantritt immer wieder predigt. Diplomatisch ausgewogen
formuliert ist es – aber ist das wirklich die Aufgabe der Kirchen?
Die Forderungen sind das eine, aber Konsequenzen daraus werden nicht
gezogen. Leider. So verabschiedet sich die Kirche gleich wieder aus
der gesellschaftlichen Debatte, in der sie eigentlich mitmischen
wollte.
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