Die französische Regierung tritt geschlossen
zurück, und keiner weint ihr eine Träne nach. Im Gegenteil: Die
Börsen reagieren positiv. Französische Staatsanleihen gewinnen an
Wert. Und alle fragen sich, wie wohl die kommende Regierung von
Premierminister Manuel Valls aussehen wird. Ein Schelm, der Böses
dabei denkt …
Aber böse stand es zuletzt vor allem um die Zukunftsaussichten für
Frankreich, den „kranken Mann Europas“. Viel zu lange hatte Präsident
François Hollande mit seinen Reformen gezögert. Und auch dem
Regierungschef Manuel Valls ist seit seinem Amtsantritt vor 147 Tagen
wenig eingefallen, um den wirtschaftlichen Verfall der zweitgrößten
Volkswirtschaft in der Euro-Zone zu stoppen. Die Arbeitslosenquote
blieb hoch, die Neuverschuldung lag weiter über der erlaubten
4-Prozent-Marke, das Wachstum schrumpfte. Und zu allem Unheil konnten
sich die Regierungsmitglieder auf keinen gemeinsamen Wirtschaftskurs
einigen. Vor allem Wirtschaftsminister Arnoud Montebourg schoss immer
wieder quer, kritisierte Präsident Hollande und die deutsche
Bundeskanzlerin Merkel für ihre Sparpolitik. So gesehen war diese
französische Regierung handlungsunfähig.
Höchste Zeit für einen Neuanfang! Bleibt nur zu hoffen, dass
Manuel Valls genügend Mitstreiter für seinen Reformkurs findet – und
dass er die Rückendeckung von Präsident Hollande behält. Ähnlich wie
die „Agenda 2010“ in Deutschland, so umstritten sie gewesen ist,
braucht Frankreich ein Programm, das dieses Land zukunftssicher
macht. Und natürlich braucht die kommende Regierung auch Zeit. Binnen
fünf Monaten ist da wenig auszurichten. Aber wenn der „kranke Mann
Europas“ wieder auf die Beine kommen soll, muss man jetzt mit der
Therapie beginnen – gegen alle Widerstände und hoffentlich ohne einen
Querkopf wie den bisherigen Wirtschaftsminister, der
deutsch-französische Ressentiments schürte, nur um sich in seiner
eigenen Partei zu profilieren.
Pressekontakt:
Thüringische Landeszeitung
Chef vom Dienst
Norbert Block
Telefon: 03643 206 420
Fax: 03643 206 422
cvd@tlz.de