Thüringische Landeszeitung: Kommentar zum „Fall Brown“ in den USA

Es brodelt in den Menschen. Man liest es in den
Zeitungen, hört es im Radio und sieht es im Fernsehen. Der Tod des
US-Amerikaners Michael Brown löst erst Wellen der Solidarität aus,
dann die der Wut. Wie kann es heutzutage noch dazu kommen, dass ein
junger Schwarzer mit sechs Schüssen getötet wird und sich die
Verantwortlichen immer noch hinter Ausreden verstecken?

Die Vereinigten Staaten von Amerika sind eine Demokratie, die
längst ihre Konsequenzen aus dem Rassenhass gezogen haben sollte. Ein
schwarzer Präsident regiert das Land, in die Kinos kommen immer mehr
Filme, die sich mit den Gräueln der Sklaverei auseinandersetzen. Und
doch scheinen die Querelen zwischen Weiß und Schwarz weiter unter der
Oberfläche zu schwelen. Kein Wunder, dass sie sich eruptiv ihren Weg
auf die Straßen bahnen. Verzweiflung und Missachtung schüren Gewalt,
verdoppeln die Schrecken der Vergangenheit. Die Frage stellt sich gar
nicht erst, warum Ferguson die Stadt ist, in der sich die
Auseinandersetzungen nun im Zuge eines aktuellen Verbrechens
entladen.

In einer Stadt, die mehrheitlich von Afroamerikanern bewohnt ist,
kann eine weiße Führungsriege nur begrenzt mitreden. Die Menschen
fühlen sich unverstanden, fremd-dominiert wie einst. Eine hohe
Arbeitslosigkeit schürt zusätzlich die Verbitterung der Schwarzen,
politische Perspektiven scheint es dort nur für Weiße zu geben. Das
soziale Korsett, in dem sich die Menschen befinden oder zumindest
wähnen, fördert das Unverständnis. Anstatt eine gemeinsame Lösung zu
suchen, statt kollektiv den Verantwortlichen zu suchen und ihn einem
ordentlichen Gerichtsverfahren zu unterstellen, greifen die Menschen
zur Selbstjustiz.

In einer modernen Demokratie sollte kein Mensch mehr zu den Waffen
greifen müssen, um Konflikte zu lösen. Auch, wenn es selbst in einer
Volksherrschaft niemals gleiche Voraussetzungen für alle Mitglieder
der Gesellschaft geben wird.

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