Thüringische Landeszeitung: Kommentar zum TV-Duell Steinbrück gegen Merkel

Vier Interviewer, zwei Kandidaten. Das war das
größte Hindernis vor einer guten Debatte zwischen Kanzlerin und
Herausforderer. Der in den vergangenen Tagen medial heraufbeschworene
Showdown zwischen Merkel und Steinbrück blieb aus.

Wer Steinbrücks wilden Generalangriff auf Merkel erwartete, wurde
enttäuscht. Er wäre auch schlecht beraten gewesen, nur auf die
Abteilung Attacke zu setzen in einem Rededuell, das schon durch seine
formalistische Befragungsform zur Emotionslosigkeit degradiert wurde.
Das spielte der Kanzlerin in die Hände, die eigentlich nur verlieren
konnte, wenn sie sich einen grandiosen Fehler geleistet hätte. So
konnte Steinbrück seine ehemalige Chefin trotz dosierten Provozierens
nicht aus der Reserve locken. Steinbrück war zweifellos besonders zu
Beginn der Debatte der bessere Rhetoriker, danach kam die zunächst
lustlos wirkende Merkel immer besser in Form. Doch Steinbrück konnte
nicht genug Punkte machen, um eine Kehrtwende in seinem bislang
verkorksten Wahlkampf einzuleiten. Und deswegen heißt die
Gesamtsiegerin Merkel.

Das Rededuell erbrachte erneut den Beweis: Der bessere Rhetoriker
muss nicht unbedingt die besseren Argumente haben. Besonders beim
Thema Griechenland machte Steinbrück eine schlechte Figur. Die
Deutschen wissen nun, dass die Sanierung des Pleitelandes unter einem
Kanzler Steinbrück noch viel mehr Steuergelder verschlingen würde als
unter der jetzigen Regierung. Großartige Unterschiede zwischen den
Konzepten von Merkel und Steinbrück wurden ebenfalls nicht deutlich.
So wurde in dem Rededuell trotz inszenierter
Meinungsverschiedenheiten schon so etwas wie eine großkoalitionäre
Stimmung deutlich.

Merkel und Steinbrück genossen das Privileg, sich exklusiv einem
Millionenpublikum präsentieren zu können. Bei so viel demonstrierter
Gleichheit könnte mancher Bürger versucht sein, sich auch die
Konzepte anderer Parteien etwas genauer anzuschauen.

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