Thüringische Landeszeitung: Merkel knickt ein / Kommentar von Matthias Benkenstein zum US-Besuch der Bundeskanzlerin

Es ist noch nicht mal ein Jahr her, als Enthüller
Edward Snowden anfing eine Lawine loszutreten. Weltweit war die
Empörung groß über die massenhafte Abschöpfung von Internet- und
Telefondaten durch den US-Geheimdienst NSA. Die Aufregung war
gerechtfertigt, doch übrig geblieben ist davon nicht mehr viel. Eine
Befragung Snowdens in Deutschland gefährde das Staatswohl, sagt die
Bundesregierung. Es ist kaum zu glauben.

Eigentlich ist es doch genau andersherum. Die Spitzelei durch die
NSA schadet dem Gemeinwohl. Snowden hingegen sollten wir dankbar
sein. Er ist der Auslöser sämtlicher Enthüllungen der letzten Monate.
Durch seine Informationen weiß die Öffentlichkeit von dem groß
angelegten Lauschangriff. Was liegt also näher, als ihn in den
Zeugenstand in Deutschland zu bitten? Eine Befragung in Russland, wie
jetzt vorgeschlagen wird, ist schon deshalb schwierig, weil dort mit
Auflagen und Spionage gerechnet werden muss.

Bemerkenswert ist auch, dass die Regierung sich auf ein Gutachten
von US-Anwälten stützt. Die Amerikaner waren zu dem Ergebnis
gekommen, dass sich Abgeordnete strafbar machen könnten, wenn sie
Snowden befragten. Wer hätte das gedacht? Einschüchtern lassen darf
man sich von solchen Drohungen, oder besser gesagt überzogenen
Thesen, nicht. Ansonsten könnte sich der NSA-Ausschuss gleich
auflösen. Schließlich geht es dort um geheime Informationen, was
fast jeden Zeugen betrifft. Holprig und unharmonisch war der Start
des Ausschusses. Leider scheint es vorerst genauso weiterzugehen.

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