Diplomatie, schön und gut. Aber sie darf nichts an
einer klaren Haltung ändern.
Das weiß auch Angela Merkel und hat die Bühne in Australien
genutzt, um Klartext mit dem russischen Präsidenten zu reden. Genauer
gesagt, redete die Bundeskanzlerin nicht mit, sondern über Wladimir
Putin. Doch was sie sagte, war von verblüffender Offenheit.
Erst am Sonntag hatten sich beide in freundschaftlich-frostiger
Atmosphäre beim G-20-Gipfel in Brisbane zum Vier-Augen-Gespräch
getroffen. Und Merkel schwieg zum Inhalt der Unterredung.
Was die deutsche Regierungschefin aber gestern vor der
renommierten Denkfabrik in Sydney referierte, ließ Rückschlüsse
darauf zu, wie das Gespräch gelaufen sein dürfte. Merkel, sonst
oftmals wegen ihres Langmuts in der Kritik, hat genug von der
inhaltsleeren Hinhaltetaktik im Ukraine-Konflikt. An die 40
Telefonate mit Putin und diverse persönliche Treffen hat das
Kanzleramt mittlerweile gezählt. Genützt haben sie nichts: Mit der
Ignoranz eines rücksichtslosen Machthabers wurde bei der
Annektierung der Ukraine internationales Recht gebrochen und
russisches Militär in den Osten des Landes geschickt.
Dass Merkel jetzt Staaten wie Serbien und Moldawien oder den
Westbalkan ins Spiel bringt, um anschaulich vor einer Ausweitung
russischen Allmachtstrebens zu warnen, ist nachvollziehbar.
Deshalb wird die Gesprächsatmosphäre zu den Außentemperaturen
passen, wenn heute Außenminister Frank-Walter Steinmeier seinen
russischen Kollegen Sergej Lawrow in Moskau trifft. Dennoch gibt es
keine Alternative zu einem Dreiklang aus Diplomatie, EU-Sanktionen
und Ukraine-Hilfe. Darüber müssen sich Europa und der Rest der Welt
einig sein.
Aufgeregtes Kriegsgeheul birgt die Gefahr eines Flächenbrands.
Denn diese Krise, das formulierte auch Merkel überaus klar, „betrifft
uns alle“.
Pressekontakt:
Thüringische Landeszeitung
Chef vom Dienst
Norbert Block
Telefon: 03643 206 420
Fax: 03643 206 422
cvd@tlz.de