Papst Franziskus verteilt in diesem Jahr keine
Weihnachtsgeschenke. Vielmehr schickt er seinen engen Beraterstab und
die ganze römische Kurie mit einem Donnerwetter in die Festtage. „15
Krankheiten“ hat er aufgelistet, die nach seiner Ansicht die Arbeit
der päpstlichen Behörde massiv behindern. Sich unsterblich fühlen,
Rivalität und Eitelkeit, Schizophrenie, Gerüchte, Gemunkel und
Tratsch, Vergötterung der Chefs, Gleichgültigkeit gegenüber anderen,
geschlossene Zirkel und Prahlerei – die Deutlichkeit mit der das
Oberhaupt der katholischen Kirche seine Mitarbeiter in den Senkel
stellt, ist schon fast erschreckend. Die seit Jahrzehnten
eingefahrene Bürokratie im Vatikanstaat will er aufbrechen. Jeder im
Vatikan solle sich wieder seiner Berufung bewusst werden und nicht
nach Macht, Einfluss und Insignien streben.
Nach diesem reinigenden Gewitter muss Papst Franziskus nun Taten
folgen lassen. Sonst wird seine Autorität untergraben. Bisher setzte
er auf Überzeugung. Das hat aber noch nicht gereicht. Erste
Schlüsselpositionen besetzte er bereits im November neu. An der
Spitze des obersten Gerichtshofs des Kirchenstaates setzte er
beispielsweise einen konservativen US-Kardinal ab. Raymond Leo Burke
gehörte wie der Präfekt der Glaubenskongregation, der Deutsche
Gerhard Ludwig Müller, zu den fünf Kardinälen, die sich im Vorfeld
der Familiensynode gegen Zugeständnisse der Kirche an geschiedene
Katholiken ausgesprochen hatten. Auch für Müller dürfte es eng
werden.
Die Papst-Rede dürfte auch auf Ergebnisse seiner Reformkommission
zurückgehen. Dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz,
Kardinal Reinhard Marx, kommt dabei als einzigem Europäer in der
Gruppe eine Schlüsselrolle zu. Wenn Ämter in Rom neu zu vergeben
sind, dürfte er in die engere Wahl fallen. Vielen seiner römischen
Kollegen gewährt der Papst aber noch eine kurze Zeit der Bewährung.
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