Thüringische Landeszeitung: Paragrafenwut – Eine Impfpflicht ist nicht zielführend / Leitartikel von Christian Voigt zur Impfmüdigkeit in Deutschland

Es muss immer erst etwas passieren, bevor gehandelt
wird. – Was für hektische Sicherheitsbestrebungen nach
Terroranschlägen gilt, gilt auch im Gesundheitssystem. Ebola? Das war
weit weg, bis, ja bis die ersten Fälle in Europa auftauchten.
Hektische Betriebsamkeit. Man kennt das mittlerweile. In Berlin
musste nun also ein Kind an Masern sterben, um Gesundheitsexperten
wie den aufstrebenden Stern am CDU-Himmel, Jens Spahn, zu einer nicht
neuen Forderung zu treiben: Eine Impfpflicht muss her!

Dass Kinder bereits in den ersten Lebensmonaten gleich mit
Sechsfach-Impfungen belästigt werden, hat seinen Sinn. Mumps, Masern,
Röteln, Keuchhusten, Kinderlähmung – es grenzt an blanker Ignoranz,
seine Kinder diesen Gefahren auszusetzen, nur im Hinterkopf: „Die
anderen Kinder sind geimpft, es wird schon nichts passieren“.

Klar: Viele Eltern umtreibt auch die Angst vor möglichen schweren
Schäden, die die Kinder durch das Impfen davontragen können.
Gleichzeitig haben sie aber auch die Pflicht, das Umfeld der Kinder
zu schützen, in denen sich ihr eigener Sprössling bewegt. Das ist in
erster Linie natürlich der Kindergarten. Und: Auch Impf-Muffel müssen
ein Interesse daran haben, dass diese Krankheiten ausgelöscht werden.

Soll eine Impfpflicht nun aber der Stein der Weisen sein? Wohl
kaum. Den Eltern das Selbstbestimmungsrecht per Gesetz zu nehmen,
ginge einen Schritt zu weit. Geimpft werden müssen derweil die Eltern
der Kinder selbst. Ihnen muss verdeutlicht werden, welche
gesellschaftliche Aufgabe mit dem Impfen der Kinder verbunden ist.
Sie müssen in aller Deutlichkeit aufgeklärt werden. Eine
Verpflichtung treibt die Impf-Gegner nur in die Enge und schafft mehr
Probleme denn Lösungen. Eine breit angelegte Kampagne zur
Sinnhaftigkeit des Impfens schraubt mehr am Verantwortungsbewusstsein
der Eltern, als ein neuer Paragraf.

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