Thüringische Landeszeitung: Populisten gebremst – Gericht erlaubt Verweigerung von Hartz IV / Leitartikel von Florian Girwert zum EuGH-Urteil zu Sozialleistungen

Wer ohne Kenntnis der Materie mancher CSU-Größe –
und vielen Wahlkämpfern der AfD ebenfalls – während vergangener
Wahlkämpfe zugehört hat, der musste den Eindruck gewinnen, dass
Deutschland in weiten Teilen von Banden krimineller Südosteuropäer
ausgebeutet wird. Dass regelmäßig offizielle Statistiken
gegenteilige Schlüsse zuließen, spielte da keine Rolle. Stattdessen
wurde munter krakeelt „Wir sind nicht das Weltsozialamt“ oder „Wer
betrügt, der fliegt“.

Besonders gegen Rumänen und Bulgaren richtete sich das, von denen
viele auch wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage in die
wohlhabenderen Staaten der EU ausgewandert sind. Mittlerweile wissen
wir, dass Rumänen zu den am besten integrierten Ausländergruppen
überhaupt gehören. Im Sommer hatten von Rumänen und Bulgaren in
Deutschland mehr als 250 000 einen Job, etwa 66 500 waren
arbeitslos. Die gegen die Verweigerung von Sozialleistungen klagende
Rumänin gehörte zu letzterer Gruppe. Sie hatte nie einen Job und
kümmerte sich offenbar auch nicht darum, das zu ändern.
Selbstverständlich ist es dann richtig, die Sozialleistungen zu
verweigern, wenn das Ziel der Einwanderung nach Deutschland nicht die
Aufnahme einer Arbeit, sondern der Bezug einer Leistung war.

Das aber war auch schon vor dem höchstrichterlichen Urteil so. Die
Behörden haben also richtig gehandelt und werden auch weiterhin
gezwungen, überall genau hinzuschauen und nicht einfach pauschal zu
urteilen, wie es mancher Populist am rechten Rand gerne hätte.

Das Urteil kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sehr wohl an
manchen Orten Probleme gibt, weil zu viele arme Zuwanderer sich
ansiedeln. Ein pauschales Problem ist das aber nicht – und es wird
auch nicht dadurch gelöst, dass Politiker Sprüche klopfen. Über die
EU in Rumänien die Korruption zu bekämpfen, wäre ein Weg. Aber der
ist steiniger, als in Talkshows zu poltern.

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