Thüringische Landeszeitung: Provokation ist „Wurst“ / Kommentar von Katja Dörn zum ESC-Vorentscheid und dem Auftritt von Conchita Wurst

„Eine Schande!“, „Lächerlich“ – das sind noch die
harmloseren Kommentare, die derzeit unter das Video von
ESC-Teilnehmerin Conchita Wurst geschrieben werden. Die Sängerin, die
eigentlich der Österreicher Tom Neuwirth ist, polarisiert wie derzeit
kein anderer Eurovision-Künstler. Dabei passt sie doch wunderbar in
die glitzernde Welt dieses europäischen Wettbewerbs. Die kalkulierte
Provokation bedient sich der Ästhetik, die seit Jahren beim ESC
gefördert wurde. Ein Kleid mit Pailletten, langes, wehendes Haar.
Eben nur der gut gepflegte Bart, der stört. Travestie europaweit
ausgestrahlt? Weißrussland will gar die Übertragung verbieten. Dabei
reißt die Kunstfigur Conchita nicht nur die Gräben zwischen Ost- und
Westeuropa auf – wie jedes Jahr, denn Musikgeschmäcker sind
verschieden. Durch Conchita wird deutlich, wie hilflos so mancher
ist, wenn er Personen sieht, die eben nicht zur Norm passen. Anders
kann man die teilweise in Rage geschriebenen Beschimpfungen nicht
deuten. Tom Neuwirth scheint den weltoffenen, toleranten Gedanken
des Song-Contests zu leben – ihm, der immer mit Beschimpfungen leben
muss, ist es eben „Wurst“, ob jemand Frauenkleider trägt. Und das,
worauf es beim ESC ankommt, kann er auf jeden Fall: singen.

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