Thüringische Landeszeitung: R2G – 30% = unsicher – SPD-Mitgliederentscheid ohne Überraschung / Leitartikel von Bernd Hilder zum Votum der SPD-Basis für Rot-Rot-Grün

Keine Sensation: Die solide Mehrheit der SPD-Basis
für rot-rot-grüne Koalitionsverhandlungen war vorhersehbar, nachdem
sich auf dem SPD-Parteitag kein wesentlicher Widerstand gegen das
historisch und politisch heikle Unternehmen formiert hatte. Insofern
ist alles nach Plan gelaufen für Thüringens neuen SPD-Chef Andreas
Bausewein und Rot-Rot-Grün-Antreiber. Einerseits.

Andererseits sind die gerundeten 70 Prozent Zustimmung das
Minimalergebnis, dass sich Bausewein – politisch risikoreich –
öffentlich für R2G gewünscht hatte. Das bedeutet im Umkehrschluss:
Ein knappes Drittel der SPD-Basis ist gegen einen Pakt mit den Linken
oder hat starke Bauchschmerzen. Hier tut sich ein Graben auf zwischen
SPD-Funktionären und Parteibasis.

Auch nach dem Mitgliederentscheid gilt: Zum Schwur für
Rot-Rot-Grün kommt es erst bei der Abstimmung über Bodo Ramelow im
Landtag. Eine Einstimmenmehrheit bleibt riskant für eine derart
umstrittene Premiere. Mit Argusaugen wird die Linke registrieren,
dass sowohl SPD als auch Grüne Stein und Bein schwören, nach
Abschluss eines Koalitionsvertrages geschlossen für Ramelow zu
stimmen, sich aber trotzdem ein Hintertürchen aufhalten, im Falle des
Scheiterns nach anderen Koalitionen Ausschau zu halten. Und für das
SED-Unrecht wird die Linkspartei noch mehr Abbitte tun müssen, als
ihr bisher zumutbar erscheint.

Dass die Koalitionsverhandlungen platzen, ist unwahrscheinlich,
nachdem sich Rote, Dunkelrote und ehemalige Bürgerrechtler in den
Sondierungsgesprächen prinzipiell lieb gewonnen haben. Sie eint
besonders ihr Groll auf die bislang dauerregierende CDU.

Die Thüringer Union ist derweil entkräftet auf der
Zuschauertribüne in eine Schockstarre gefallen, anstatt dem
rot-rot-grünen Projekt aktiv etwas entgegenzusetzen: etwa einen neuen
Ministerpräsidentenkandidaten mit neuen Koalitionsmöglichkeiten.

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