Keine Frage: Es nervt, wenn die Züge der Deutschen
Bahn tagelang stillstehen und passend dazu auch noch die Piloten der
Lufthansa streiken. Zwei vermeintlich kleine Gewerkschaften legen ein
halbes Land lahm und nehmen schwerwiegende wirtschaftliche Schäden
für ihr Unternehmen und für Deutschland in Kauf. Klar, dass sich
Kunden und Arbeitgeber gleichermaßen eine Einigung im Tarifstreit
wünschen. Aber dass Tarifeinheit, so wie sie Bundesarbeitsministerin
Andrea Nahles(SPD)stärken will, alle Probleme löst, darf bezweifelt
werden. Zumal das Bundesarbeitsgericht erst vor vier Jahren den Zwang
zur Tarifeinheit hierzulande abschaffte.
Nun also die Rolle rückwärts. Die Bundesarbeitsministerin will
Gewerkschaften per Gesetz zur Kooperation verpflichten und auf diese
Weise Tarifkämpfe wie derzeit bei der Deutschen Bahn eindämmen. Aber
Streikrecht ist ein individuelles Grundrecht und als solches in der
Verfassung verankert. Was soll sich also mit dem Nahles-Gesetz
ändern? Bleiben wir beim aktuellen Fall: Es ist doch offensichtlich,
dass die Gewerkschaft der Lokomotivführer (GDL) gar kein Interesse
daran hat, sich mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG)
abzustimmen, geschweige denn auf einen gemeinsamen Tarifvertrag zu
einigen. Im Gegenteil: Ihr Streik zielt darauf ab, einerseits Löhne
und Arbeitszeiten für die eigenen Mitglieder zu verbessern,
andererseits will die vermeintlich kleine GDL der großen EVG
Mitglieder abspenstig machen. Sie kämpft sozusagen an zwei Fronten.
Leidtragende sind die Bahnkunden. Und sie blieben es auch, wenn es
das Nahles-Gesetz schon gäbe.
Also alles Quatsch, was Andrea Nahles da plant? Zumindest scheint
es unwahrscheinlich, dass aus ihrem Vorschlag ein Gesetz wird. Kleine
Gewerkschaften wie der Marburger Bund haben bereits angekündigt, dass
sie Verfassungsbeschwerde erheben werden. Dann sind die Richter am
Zug.
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