Nationalistische, rassistische und religiöse
Verfolgung, Deportationen, Mord an Zivilisten: Das sind nur einige
Verbrechen, die Vojislav Seselj vom UN-Tribunal für Kriegsverbrechen
vorgeworfen wurden. Der Hassprediger Seselj gilt als Chefideologe
Großserbiens während der Jugoslawien-Kriege Anfang der 90er Jahre.
Das Projekt Großserbien führte zu mehr als 120 000 Toten,
Hunderttausenden Verletzten und Millionen Vertriebenen. Seine Schuld
an den Kriegsverbrechen konnte Seselj jedoch nicht nachgewiesen
werden, weshalb das UN-Tribunal ihn nun freisprach. Das ist nicht nur
für die Opfer und Hinterbliebenen der sogenannten „ethnischen
Säuberungen“ ein Schlag ins Gesicht – der gestrige Tag war insgesamt
ein Schwarzer Tag für Recht und Gerechtigkeit.
Blamiert hat sich in dem mehr als zehn Jahre dauernden Prozess vor
allem die Anklageseite, die zunächst hauptsächlich mit schlampigen
Ermittlungen von sich reden machte. Auch mangelte es nicht an
Stimmen, die davor warnten, Seselj auf die Anklagebank zu setzen –
was die forsche Chefanklägerin jedoch ignorierte. Unvorteilhaft war
zudem, dass die Anklage vier Jahre brauchte, um eine Klageschrift zu
verfassen; auch wurde einer der Richter 2013 wegen Befangenheit vom
Fall ausgeschlossen.
Somit geht eigentlich nur Hassprediger Seselj als Sieger vom
Platz. Auch wenn die Folgen noch nicht überschaubar sind, könnte der
Freispruch das politische System Serbiens ins Wanken bringen. Die in
der Bedeutungslosigkeit versunkene Serbische Radikale Partei könnte
bei den Parlamentswahlen am 24. April wieder zur drittstärksten Kraft
werden. Es wäre ein Sieg für den Populismus – nicht nur in Serbien.
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