Thüringische Landeszeitung: Überforderte Städte – Intensive Asyldebatte nötig / Leitartikel von Hartmut Kaczmarek zum Thema Asyl

Weltweit sind Menschen auf der Flucht. Sie suchen
Sicherheit vor Kriegen, vor Terror und Gewalt. Ihnen muss geholfen
werden. Wir können vor den Problemen der Welt nicht unsere Augen
verschließen und uns abschotten. Im Vergleich zu anderen Ländern wie
dem Libanon oder der Türkei ist die Last, die Deutschland zu
schultern hat, im Augenblick noch klein.

Aber wir dürfen auch nicht wegsehen, wenn es um die Probleme geht,
die sich im Innern zusammenballen. In vielen Städten wird
händeringend nach Unterkünften für Flüchtlinge und Asylbewerber
gesucht. Thüringen hat in diesem Jahr schon 3431 Asylbewerber
aufgenommen. Im Juli war in Suhl eine weitere Erstaufnahmeeinrichtung
eröffnet worden.

Es ist richtig und notwendig, dass die Bundesregierung nach
Entlastung sucht. Natürlich muss man sich die Gründe, warum
Migranten nach Deutschland kommen, sehr genau ansieht. Handelt es
sich um politisch oder religiös Verfolgte oder nur um
Wirtschaftsflüchtlinge? Auch bei denjenigen, die aus den
Balkanländern nach Deutschland kommen, muss genauer hingeschaut
werden als bislang. Einzelfallprüfung ist angesagt, keine pauschale
Zurückweisung. Und die kostet Geld, Geld, das der Bund bereitstellen
muss. Er muss die Aufnahmestellen personell besser bestücken, die
Asylverfahren dürfen nicht monatelang verzögert werden. Auch die
Flüchtlinge haben ein Anrecht darauf zu wissen, ob sie hier bleiben
dürfen oder nicht.

Vor 20 Jahren hatte Deutschland schon einmal eine Asyldebatte. Sie
eskalierte vor allem deshalb, weil man zu lange die sich aufbauenden
Probleme ignorierte, die Sorgen der Menschen nicht ernst nahm.

Das darf sich heute nicht wiederholen. Je intensiver die Deutschen
die neue Asyldebatte führen, um so besser fühlen sich auch die
Menschen mitgenommen. Und um so entschiedener kann man auch mit
durchaus guten Argumenten Stammtischparolen entgegentreten.

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