Alexis Tsipras hat in den vergangenen Monaten den
realpolitischen Crashkurs belegt. Aus Sicht der EU wandelt sich der
griechische Regierungschef vom ewigen Querulanten, der mit
Unterstützung seines Finanzministers Yanis Varoufakis zahlreichen
Amtskollegen aus der Euro-Zone mit endlosem Lavieren den letzten Nerv
raubt, zum Politiker, der aus Sicht von Schäuble & Co. fast schon auf
Linie gebracht wurde.
Um zu erahnen, dass das intern nicht ohne Folgen für ihn bleiben
würde, muss man kein Prophet sein. Gute zwei Dutzend Abweichler
finden sich in seiner Fraktion, die den neuen EU-konformen Kurs nicht
mittragen und lieber weiter protestieren wollen. Wer will es ihnen
verdenken? Die Aussichten bei vorgezogenen Neuwahlen dürften nicht
schlecht für die Tsipras-Gegner sein – immerhin hat der einstige
Rebell mit seinem Euro-Kurswechsel so ziemlich jedes wichtige
Versprechen gegenüber seinen Wählern gebrochen, das er im Angesicht
der Krise gegeben hatte – und weswegen er auch gewählt worden ist. Ob
die Versprechen, das Spardiktat der EU brechen zu wollen und den
Griechen die Würde zurückzugeben, gute Ideen waren, steht auf einem
anderen Blatt.
Wenn man allerdings betrachtet, wie heftig die SPD in Deutschland
bis heute für Hartz IV abgestraft wird, kann man eine Vorstellung
davon gewinnen, wie sehr Syriza für den Kurswechsel bestraft werden
könnte, wenn der charismatische Regierungschef nicht vermag, sein
Manöver zu erklären. Im besten Fall kann es ihm gelingen, den
griechischen Wählern zu vermitteln, dass angesichts des Schuldenbergs
und des Drucks von Seiten der Euro-Gruppe schlicht nicht mehr
herauszuholen war. Welches Szenario eintritt, werden wir am 20.
September sehen. Vielleicht gelingt es dem großen politischen Talent
Tsipras ja auch, seinen Kurs zu rechtfertigen.
Pressekontakt:
Thüringische Landeszeitung
Chef vom Dienst
Norbert Block
Telefon: 03643 206 420
Fax: 03643 206 422
cvd@tlz.de