Es dürfte wohl als Rekordzeit durchgehen:
Griechenlands Wahlsieger Alexis Tsipras von der linken Syriza ist
nicht einmal 24 Stunden nach den ersten Hochrechnungen der
Parlamentswahl zum neuen Premier vereidigt worden. Und das bei dem
Vorlauf: Er werde die Wahl schon nicht gewinnen, sagte –
beziehungsweise: hoffte – man in Brüssel. Und selbst wenn, eine
Koalition werde Tsipras schon nicht auf die Beine stellen können. Von
wegen. Die rechtspopulistische Partei der Unabhängigen Griechen sitzt
bereits im Boot.
Diese Geschichte dürfte den Thüringern bekannt vorkommen. Was sind
da nicht für Schwarze Peter an die Wände des Freistaats und der
Republik gemalt worden, als die Aussicht bestand, mit Bodo Ramelow
könnte erstmals ein Linker Ministerpräsident werden. Und selbst wenn
er die Landtagswahl gewinne: Eine Koalition werde er schon nicht auf
die Beine stellen können. Pustekuchen. Neben einem großen Sack voller
Vorbehalte, der Ramelow mit in die Staatskanzlei gegeben wurde,
mehrte sich die Zahl derjenigen, die ihm eine Chance einräumen
wollten.
Auch Alexis Tsipras sollte nun diese Chance eingeräumt werden. Er
sollte zeigen dürfen, dass er es besser kann. Seit Jahren steht die
griechische Schuldenmisere im Fokus. Die großen Rettungsversuche der
alten Eliten sind gescheitert. Was also soll noch schlimmer werden?
Tsipras kann das griechische Rad nicht neu erfinden. Er hat sich an
Verträge zu halten. Zudem muss sein prognostiziertes Ende der
Sparpolitik mit all seinen Versprechen erst einmal der Realität
standhalten.
Ohne Europa wird Griechenland nicht aus dem Schuldensumpf
herauskommen, Tsipras wird also Zugeständnisse machen müssen. Und die
Griechen selber? Sie sehen in ihm den Retter, der immerhin auch Jobs
und bessere Zeiten verspricht. Die Chance, das zu beweisen, sollte
ihm eingeräumt werden. Andernfalls heißt es am Ende: Die Populisten
sind gescheitert.
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