Thüringische Landeszeitung: Welt aus den Fugen – Gewalt und Unterdrückung wachsen / Leitartikel von Hartmut Kaczmarek zur Rede von US-Präsident Barack Obama vor der UN-Vollversammlung in New York

Ja, unsere Welt ist politisch aus den Fugen
geraten. Selbst in Europa ist – siehe Ukraine – militärische Gewalt
wieder zum Mittel der Politik geworden. Millionen Menschen sind
weltweit auf der Flucht vor Gewalt und Unterdrückung. Die brutalen
„Gotteskrieger“ der IS-Terroristen dehnen ihren Herrschaftsbereich
immer weiter aus. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sagt völlig zu
Recht, die Diplomatie befinde sich in der Defensive, die Barbarei
gewinne die Oberhand. Irak und Syrien sind ja nicht die einzigen
Brennpunkte. Mali, Nigeria, Südsudan, Somalia – überall failed
states, also Staaten, die politisch gescheitert sind, in denen
brutale Milizen herrschen, in denen es für die Zivilbevölkerung nur
noch um das nackte Überleben geht.

Und die Politik? Sie befindet sich nur noch in Feuerwehreinsätzen.
In der Ukraine, im Nahen Osten, in Afrika. Ein klares
ordnungspolitisches Konzept ist nicht erkennbar. Die Hilflosigkeit
der einzigen noch verbliebenen Supermacht, der USA, dokumentierte
sich auch gestern wieder in der Rede Präsident Obamas vor der
UN-Vollversammlung. Appelle, Mahnungen, Drohungen – mehr nicht.
Obama, der Zauderer im Weißen Haus, hat zwar den brutalen Terroristen
der IS den Kampf angesagt, aber seine zusammengeschmiedete Koalition
ist äußerst brüchig. Amerika will ob seiner technischen Überlegenheit
bestimmen, geht aber auch hohe Risiken ein: Da wird der syrische
Diktator Assad gestärkt, obwohl man ihn eigentlich entmachten wollte,
da weiß man nicht, welche Freiheitskämpfer in Syrien man auf seiner
Seite hat und welche nicht. Alles wirkt undurchdacht, ohne Konzept,
wie ein eilig zusammengezimmerter Schlachtplan, bei dem aber niemand
weiß, wie der Ausgang des Ganzen sich gestalten wird.

Die Welt ist aus den Fugen, Obama zeigt keine Führungskraft, weil
er keine Führungsqualitäten hat. Völker- und Menschenrecht bleiben
auf der Strecke. Und wir alle müssen die Folgen – die weltweiten
Flüchtlingsströme – bewältigen.

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