Elisabeth Hahn aus Erfurt war gerade zwei Jahre
alt, als der Zweite Weltkrieg zu Ende ging. Aus Marienburg in
Westpreußen floh sie mit ihrer Familie. Weit kam sie zunächst nicht,
drei Jahre später strandete sie in der DDR. Vertrieben aus ihrer
Heimat. Doch so durfte sie es nicht nennen. Sie selbst kann sich an
diese Zeit kaum erinnern. Aber ihre ältere Schwester Ruth, die ich
gestern in Uder treffen durfte, und ihr Bruder Waldemar haben dieses
Kapitel ihres Lebens aufgeschrieben. Und heute können Sie auf Seite 3
an ihrer Geschichte teilhaben.
Denn erstmals – 70 Jahre nach Kriegsende – wird in Deutschland der
Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung begangen. Es ist
gut, dass dieser Gedenktag mit dem UN-Flüchtlingstag zusammenfällt.
Die Betroffenen haben lange darauf gewartet, denn selbst im Westen
wollten die Menschen an dieses Thema ungern erinnert werden. Und im
Osten darf man sich erst seit dem Mauerfall als Heimatvertriebener
bekennen, so wie Elisabeth Hahn.
Und dabei ist es wichtig, dass die Zeitzeugen von damals ihre
Geschichte aufschreiben, sie ihren Nachkommen weitererzählen. So bin
ich meinem Onkel dankbar, der seine Erinnerungen an die Vertreibung
im Jahr 1947 aus seiner ostpreußischen Heimat nach Gera aufschrieb.
Solche Erzählungen können dazu beitragen, das Leid vieler Flüchtlinge
und Vertriebener von heute besser zu verstehen. Wer Angst um sein
Leben hat, weil er in seiner Heimat tagtäglich bedroht wird, der
bedarf unseres Schutzes.
Ich würde mir wünschen, dass auch in den Schulbüchern das Thema
Flucht und Vertreibung nicht zu einem Randereignis wird. Zu selten
werden Zeitzeugen dazu in die Klassen eingeladen.
Der Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung bietet die
Chance, die Geschichte im Bewusstsein zu erhalten und ins Heute zu
übertragen.
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