Tödliche Infektion, Kommentar zu den Fluggesellschaften von Lisa Schmelzer

Die Coronakrise fordert ein erstes Opfer unter den Airlines,
die britische Flybe hat ihren Betrieb eingestellt. Zu leiden haben Fluglinien
weltweit, die Angst vor Ansteckung beschert ihnen wegbrechende Buchungen, leere
Flugzeuge und einen stark ausgedünnten Flugplan. Als vorläufig letzte Maßnahme
strich die Lufthansa gestern alle Flüge nach Israel, nachdem das Land
Einreiseverbote unter anderem für Deutsche und Österreicher verhängt hatte.

Der Luftfahrtverband IATA rechnet derzeit im schlimmsten Fall mit einem
Umsatzschwund von 113 Mrd. Dollar im laufenden Jahr. Im Dezember war von
Passagiererlösen von insgesamt 581 Mrd. Dollar ausgegangen worden, so dass nun
fast 20 Prozent als gefährdet gelten. Angesichts dieser Entwicklung wird die
Coronakrise sicher auch tiefe Spuren in der Ergebnisrechnung der Airlines
hinterlassen. Das gilt auch für Lufthansa, die derzeit rechnerisch rund 20
Prozent ihrer Flotte am Boden stehen hat.

Für eine tödliche Mischung sorgt die Coronakrise bei den Fluglinien, die bereits
zuvor in schlechter Verfassung waren. Flybe konnte vor einigen Wochen trotz
finanzkräftiger Eigentümer nur dank der Unterstützung durch die britische
Regierung gerettet werden. Auch dem Billigflieger Norwegian, der nun sein
Ergebnisziel kassieren musste, fehlt nach einer teuren Expansion seit Jahren
eine stabile Fluglage. Gleiches gilt für die insolvente Alitalia, die nur dank
einer Dauerinfusion durch den italienischen Staat am Leben gehalten wird und
händeringend nach neuen Investoren sucht. Unternehmen wie diese könnten, sollte
die Epidemie noch wochen- oder monatelang für schwindendes Geschäft sorgen, akut
existenzgefährdet sein.

Fluglinien wie Lufthansa, British Airways, Ryanair oder Easyjet dagegen werden
zwar Umsatz- und Ergebniseinbußen erleiden, könnten am Ende aber gestärkt aus
der Krise hervorgehen. Denn die Entwicklung der Branche wird seit Jahren durch
Überkapazitäten belastet, die viele Unternehmen, koste es, was es wolle, auf den
Markt werfen. Wer irgendwann massenhaft Flugzeuge bestellt hat, muss diese nun
auf Teufel komm raus füllen, zumal, wenn Monat für Monat Leasingraten bezahlt
werden müssen. Das heizt schon lange den Preiskampf an, der an den Ergebnissen
aller Firmen zehrt.

Nun könnte die Coronakrise die ersehnte Konsolidierung beschleunigen. Die
schwächere Verfassung der Branche insgesamt sorgt womöglich für so viel
Zurückhaltung und Vernunft, dass nicht jede Lücke sofort geschlossen wird.
Davon würden die profitieren, die übrig bleiben.

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