tz München: Europa am Tiefpunkt

Der vielzitierte „europäische Geist“ hat sich
irgendwo im Kleinklein um Gurken-Krümmungsgrade und
Subventionsgerangel verflüchtigt. Europa, das unter Helmut Kohl und
Francois Mitterrand das zentrale Projekt jeder nationalen Politik
war, ist am Tiefpunkt angelangt. Eine einheitliche Außenpolitik, noch
mehr politische Annäherung: Die EU-Regierungen stellten sich –
weitgehend an den Bürgern vorbei – immer höhere Ziele. Doch statt der
Vereinigten Staaten von Europa kam dabei nur eines heraus: die
Wiedergeburt nationaler Egoismen und Vorurteile. Wenn nun der
italienische Innenminister Roberto Maroni im Streit um das
Flüchtlingsproblem locker-flockig den Austritt Italiens aus der EU in
den Raum stellt, ist das ein neuer Höhepunkt im Trauerspiel vom
Niedergang der EU. Die Politiker-Generation, die Europa einst
gegründet hat, weil es auf unserem Kontinent nie wieder Krieg geben
sollte, hätte nie mit derartiger Leichtfertigkeit dieses
Jahrhundert-Projekt in Frage gestellt. Europa-Meckern ist beliebt –
aber vielleicht sollten wir alle uns doch ab und an daran erinnern,
dass wir unseren Frieden und Wohlstand auch der EU zu verdanken
haben. Klaus Rimpel

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