Die deutsche Versicherungswirtschaft hat die
strategische Bedeutung der Digitalisierung für die eigenen
Geschäftsmodelle erkannt und investiert mehrheitlich in
Digitalisierungsinitiativen. So geben 83 % der befragten
Versicherungen in Deutschland an, zumindest punktuell Budgets für
Digitalisierungsinvestments freizugeben. Dem steht gegenüber, dass
nur 8 % der Versicherer einen funktionierenden Innovationsprozess
etablieren konnten, bei dem innovative Geschäftsansätze mit erhöhter
Geschwindigkeit konzipiert und in das Gesamtunternehmen überführt
werden. Entgegen der gängigen Wahrnehmung droht die Digitalisierung
der deutschen Versicherungswirtschaft somit nicht an der
Investitionsbereitschaft, sondern an den internen Prozessen zu
scheitern.
Dies ist ein zentrales Ergebnis der aktuellen Studie von zeb zum
Stand der Digitalisierung in der deutschen Versicherungsbranche. Die
Strategie- und Managementberatung, spezialisiert auf die europäische
Finanzwirtschaft, hat Ende 2017 detailliert untersucht, wo deutsche
Versicherer bei der Digitalisierung ihrer Geschäftsmodelle stehen.
Beteiligt an der Studie haben sich über 50 Entscheider von deutschen
Versicherungsunternehmen, die nach Bruttoprämien gemessen zusammen
ca. 60 % des deutschen Versicherungsmarkts ausmachen.
Stefan Geipel, Partner bei zeb und Initiator der Studie,
erläutert: „InsurTechs sind die innovativen Leuchttürme der
Versicherungsbranche und die Aufmerksamkeit für digital-disruptive
Geschäftsmodelle ist sehr hoch. Entsprechend sehen wir mit der hohen
Investitions- und Kooperationsbereitschaft einen starken
Digitalisierungswillen unter den Versicherungsunternehmen. Dieser
Wille wird jedoch nur zaghaft in die Praxis überführt. Es überrascht
besonders, dass bisher nur jede zweite Versicherung eine
Digitalisierungsstrategie mit einem strategisch definierten
Projektportfolio entwickelt hat und die Verantwortlichkeiten für die
digitale Transformation nur bei jedem vierten Unternehmen definiert
und eingefordert werden. Möchten Versicherer an Schlagkraft gewinnen,
müssen sie die digitale Transformation deutlich konsequenter angehen
und vor allem Managementkapazitäten zielgerichtet einsetzen.“
Im Einzelnen ergab der zeb.digital pulse check, dass Versicherer
in Deutschland mit ihren Prozessen, Daten und der IT noch nicht auf
digitale Geschäftsmodelle ausgelegt und dadurch in ihrer
Transformationsgeschwindigkeit gehemmt sind. Zumeist arbeiten sie
erst an der Schaffung von Grundvoraussetzungen für die digitale
Transformation, wie z.B. der Vereinheitlichung ihrer Datenformate und
der Flexibilisierung ihrer IT-Architektur. Eine
Echtzeitkonsolidierung von Daten bleibt Zukunftsszenario. Künstliche
Intelligenz setzen sie mehrheitlich noch nicht ein, prüfen derzeit
aber die Chancen der Technologie.
Auch ist der Grundsatz, vom Kunden her zu denken, nicht in der
Praxis verankert. Während der Großteil der teilnehmenden
Versicherungen angibt, die Bedürfnisse der Kunden zu kennen, bezieht
weniger als die Hälfte der Versicherer die eigenen Kunden in die
Produktentwicklung mit ein. Die Digitalisierung des Produktangebots
erfolgt evolutionär. Komplexere digitale Angebote sind zumeist erst
in der Entwicklung, disruptive Ansätze im Produktangebot nahezu nicht
verfügbar.
Ein wesentlicher Aspekt für den Erfolg von
Digitalisierungsinitiativen ist die Verankerung der notwendigen
Innovationskraft im Management und der Organisation. Auch hier
besteht Optimierungspotenzial: Herkömmliche Organisationsstrukturen
mit klassischer Trennung von IT- und Fachseite sind gegenüber agilen
Alternativen noch immer dominierend. Die befragten Unternehmen haben
das Problem allerdings mehrheitlich erkannt. Immerhin 60 % gaben an,
an der Überwindung kultureller Widerstände zu arbeiten. Milena
Rottensteiner, Senior Consultant bei zeb und Mitautorin der Studie,
bemerkt hierzu: „Gerade das mittlere Management empfindet die
Unternehmenskultur in vielen deutschen Versicherungen als
innovationshemmend und bemängelt eine geringe Risikobereitschaft und
Fehlertoleranz. Hier kann das Leitkonzept des Digital Leadership
helfen, bestehende Silos aufzubrechen und die digitale Transformation
voranzutreiben.“
Eine abschließende Bewertung der Studienergebnisse nimmt Philip
Franck vor, Senior Manager bei zeb: „Verschlafen Versicherungen in
Deutschland die Digitalisierung? Das sicherlich nicht, aber es
besteht Handlungsbedarf. So ist aktuell noch kein Versicherer
auszumachen, der als Digital Leader gelten kann. Über alle
Digitalisierungsdimensionen hinweg verorten sich die Teilnehmer im
„unteren Mittelmaß“ – der digitale Reifegrad der Branche muss
bestenfalls als ausreichend bezeichnet werden. Insbesondere mit Blick
auf global agierende Internetkonzerne, die sich zunehmend intensiver
für das Versicherungsgeschäft interessieren, gilt es jetzt an
Geschwindigkeit zu gewinnen. Deutsche Versicherer müssen mehr wagen
und ihren „Werkzeugkasten“ erweitern.“
zeb wurde 1992 gegründet und zählt zu den führenden Strategie- und
Managementberatungen für Financial Services in Europa. An 17
Standorten sind international nahezu 1.000 Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter für die Unternehmensgruppe tätig. In Deutschland
unterhält zeb Büros in Frankfurt, Berlin, Hamburg, München und
Münster (Hauptsitz). Internationale Standorte befinden sich in
Amsterdam, Kiew, Kopenhagen, London, Luxemburg, Mailand, Moskau,
Oslo, Stockholm, Warschau, Wien und Zürich. Zu den Kunden gehören
europäische Groß- und Privatbanken, Regionalbanken sowie
Versicherungen. Bereits mehrfach wurde zeb in Branchenrankings als
„Bester Berater“ der Finanzbranche klassifiziert und ausgezeichnet.
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