WAZ: Befehl zum Abschalten – Kommentar von Stefan Schulte

Der in Sachen Werbung eher betuliche
Persil-Hersteller Henkel landete vor Weihnachten 2011 einen echten
PR-Coup: Er verhängte ein E-Mail-Verbot über die Feiertage. Die
Mitarbeiter sollten mal richtig abschalten. Warum das Schlagzeilen
machte? Weil es nicht passt in eine Arbeitswelt, die von der
ständigen Verfügbarkeit und Erreichbarkeit lebt. Der Befehl zum
Abschalten sagt vielleicht mehr über diese Welt als jede Studie. Die
Konkurrenz, der Markt, der Chef – niemand schläft mehr. Nach der
Arbeit ist vor der Arbeit. Aus Stress wird Überlastung, werden
ausgebrannte Mitarbeiter. Das Abschalten wird zum letzten
Lebensluxus, dabei ist es lebensnotwendig. Lauter Binsen, die jeder
kennt und doch die meisten so lange ignorieren, wie es noch irgendwie
weiter geht. Und es sind keineswegs nur die Chefs, die sehenden Auges
Mitarbeiter in das große schwarze Loch treiben, das der Duden Burnout
nennt. Wir werden wie immer erst handeln, wenn es richtig weh tut.
Die Fehlzeiten ausgebrannter Mitarbeiter steigen längst.
Übertriebener Stress kann teuer werden – auch für die Unternehmen.
Sie werden bald mehr denn je auf Mitarbeiter angewiesen sein, die bis
zur Rente gesund bleiben. Der Wert des „Humankapitals“ steigt in
einer alternden Gesellschaft automatisch. Das muss die Gesellschaft
nur noch merken.

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