WAZ: Berechtigte Zweifel am Kurs der Bank – Kommentar von Rolf Obertreis zur Deutschen Bank

Die Kritik auf der Hauptversammlung der Deutschen
Bank war heftig. Trotzdem ist sie abgeperlt. Vor allem an Anshu Jain,
dem Co-Chef des größten deutschen Geldhauses, das seit Jahren weniger
durch geschäftliche Erfolge als durch Skandale und Milliardenstrafen
von sich Reden macht.

Während Aktionäre bei dem mit Spannung erwarteten Treffen in
Frankfurt mehr oder weniger offen den Rücktritt Jains und seines
Co-Vorsitzenden Jürgen Fitschen forderten, stärkte der Aufsichtsrat
Jain deutlich den Rücken. Jain sitzt nach dieser für ihn vermeintlich
kritischen Woche fester im Sattel denn je.

Fitschen, der ohnehin im Jahr 2017 aus Altersgründen ausscheidet,
verliert dagegen Aufgaben und mutiert zur lahmen Ente, wie Amerikaner
ihren Präsidenten bezeichnen, wenn er nicht wieder gewählt werden
kann.

Anshu Jain gewinnt auch durch den Rückzug von
Privatkunden-Vorstand Rainer Neske an Einfluss. Seit Jahren bildete
Neske das Gegengewicht zu Jain und den Investmentbankern, hielt das
traditionelle Geschäft der Deutschen Bank mit Privat- und in
Geschäftskunden in der Heimat hoch. Der nachhaltige Applaus der
Aktionäre für Neske spricht Bände.

Ob die Deutsche Bank nach der deutlichen Stärkung der Rolle Jains
endlich zur Ruhe kommt, muss sich zeigen. Nicht nur sehr viele
Aktionäre haben daran erhebliche Zweifel.

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