WAZ: Das Casino bleibt geöffnet – Kommentar von Thomas Wels

Der Werteverlust gehört zu den erschreckenden wie
entlarvenden Erkenntnissen dieser Finanzkrise: Milliarden, ach, was
sind schon Milliarden? Euro-Retter aus der Politik, Zocker aus den
Banken, sie haben die Maßstäbe geraubt: Ein 31-jähriger
Investmentbanker hat in der Schweiz 1,5 Milliarden Euro verzockt. Der
Franzose Kerviel hat es aufs Dreifache gebracht. Was soll also die
Aufregung? Klar fragen wir uns drei Jahre nach der Lehman-Pleite, die
uns hat alle in den Abgrund blicken lassen (Peer Steinbrück), ob denn
da keiner ist, der aufpasst. Drei Jahre Lehman-Pleite und einige
Hundert Milliarden Euro später, die den deutschen Steuerzahler
belasten oder zumindest zu belasten drohen – ja, die Politik hat
gerettet, was das Zeug hält. Vermeintlich alternativlos, immer wieder
aufs Neue. In letzter Zeit wieder mit steigenden Milliarden-Beträgen.
Milliarden, ach was sind schon Milliarden? Ein Durchschnittsverdiener
muss 33 333 Jahre arbeiten, um eine Milliarde zu verdienen. Der
Steuerzahler und seine Steuerzahlerkinder wenden sich mit Grauen ab.
Völlig zu Recht. Der Versuch der Retter, schleichend immer neue
Milliarden auszukehren, verfängt nicht mehr. Die Empörung darüber
wächst, dass Rettungsschirme noch und nöcher vor allem deren
Erfindern nützen: den Banken. Der Erklärungsdruck wächst aber auch.
Gut so.

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