Norbert Röttgen hat die Woche an der Seite von
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in New York begonnen und wird sie
neben Armin Laschet in Krefeld beschließen. Gestern weltweiter
Artenschutz, heute niederrheinische CDU-Regionalkonferenz. Nach vier
Wochen intensiven Buhlens um die Mitgliedergunst geht die Basistour
für die Aspiranten auf das politische Erbe von Jürgen Rüttgers zu
Ende. Das Duell mit Laschet um den Vorsitz der NRW-CDU hat dem
Bundesumweltminister einen kraftraubenden Rollenwechsel abverlangt.
Die Irritationen um den Atomkompromiss verschärften die Bedingungen:
Wo Röttgen hinkam, schlugen ihm garstige Kommentare entgegen und
Greenpeace entrollte Protestplakate. Die bundespolitischen
Begleitgeräusche schienen zeitweilig Röttgens rhetorisch
geschliffenes Plädoyer für eine neue Politik „aus den Augen unserer
Kinder“ zu übertönen. Dennoch: Es ist längst nicht ausgemacht, wen
die 160 000 Christdemokraten an Rhein und Ruhr am 31. Oktober
zu ihrem neuen Chef und somit zum wahrscheinlich nächsten
Ministerpräsidenten-Kandidaten küren. Laschet oder Röttgen? Nur ein
Bruchteil der Wahlberechtigten erlebte das Duell live in den
Veranstaltungshallen von Paderborn bis Aachen. Das Gros entscheidet
nach Vorprägung, Bauchgefühl oder medialer Überlieferung. Genau diese
Ungewissheit macht im ansonsten abgekarteten Politgeschäft den Reiz
des Mitgliederentscheids aus. Laschet und Röttgen tänzelten wie
Florettfechter über die politische Planche. Immer bemüht, keine
Angriffsflächen zu bieten. Die Fernsehbekannte „Bundeslösung“
Röttgen, der die Partei von Berlin aus führen will, gab sich
weltgewandt, aber bloß nicht abgehoben. „Landeslösung“ Laschet
präsentierte sich basisnah, aber bitte nicht provinziell. Das
Berliner Kabinettsmitglied Röttgen sprach über den Fehlstart der
Bundesregierung distanziert, als habe er zufällig davon erfahren. Der
langjährige Integrationsminister Laschet umkurvte das Thema Sarrazin
lange krampfhaft, als drohe ihm bei Zuwiderhandlung eine
Strafzahlung. Die Herren Kandidaten wollten eben als katholisch, aber
weltoffen, familienorientiert, aber gesellschaftlich liberal,
wirtschaftskundig, aber sozial mitfühlend, kurzum: als aufgeklärte
Konservative wahrgenommen werden. Die CDU wird später einen
Wissenschaftler erforschen lassen, warum ihre Mitglieder Röttgen oder
Laschet zum neuen Chef erhoben haben. Ein solch analytischer Blick in
die eigene Parteiseele ist nämlich selten. Ein Gewinner des
Kandidaten-Wettstreits scheint bereits festzustehen: die am 9. Mai so
tief gestürzte NRW-CDU.
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