Zugegeben, es verursacht gehöriges Bauchgrimmen,
wenn ein ausländischer Politiker einen Auftritt in Deutschland dazu
nutzt, um für eine zutiefst undemokratische Verfassungsreform zu
werben. Und dafür auch noch erwartbare Jubelstürme der zahlreichen
Erdogan-Anhänger ernten wird, wie man es in NRW schon mehrfach
erleben konnte.
Für überzeugte Demokraten ist dies eine schwer erträgliche
Zumutung. Was hinzu kommt: Während türkische Politiker hier
selbstverständlich Versammlungs- und Meinungsfreiheit in Anspruch
nehmen, werden im eigenen Land Kritiker und Oppositionelle mit
wachsender Härte verfolgt.
Doch würde Deutschland den Besuch des türkischen
Ministerpräsidenten rundweg untersagen, würde dies vermutlich nicht
nur Streit mit Ankara auslösen, die Bundesrepublik machte sich durch
die Einschränkung demokratischer Rechte selbst angreifbar. Es ist ein
Zeichen von politischer Souveränität, den Auftritt zuzulassen – und
auszuhalten.
Dass sich die Bundesregierung mit Blick auf das
Flüchtlingsabkommen aber mit ihrer Kritik an der repressiven und
demokratiefeindlichen türkischen Politik sehr zurückhaltend verhält,
hinterlässt einmal mehr einen schalen Beigeschmack.
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