WAZ: Der Atomstreit – Die Getriebene – Kommentar von Jürgen Polzin

Quer durchs Land reist die Kanzlerin, besucht
Kraftwerke, die mit Kohle, Gas oder Uran befeuert werden. Doch wo die
Reise wirklich hingeht in der Energiepolitik, das hat Angela Merkel
noch nicht vermitteln können. Fast ein Jahr nach dem
Regierungswechsel findet Schwarz-Gelb keine gemeinsame Linie, um die
Verlängerung der Laufzeiten umzusetzen. Es ist die Lobby der
Akw-Betreiber, die im Atom-Geschacher Richtungen vorgibt und die
Politik treibt. Es geht um Milliarden. Und wenn die Energiekonzerne
Widerstand organisieren gegen Brennelementesteuer, Auktionen und eine
zusätzliche Abgabe zugunsten erneuerbarer Energien, dann war das
abzusehen. Die Zeit aber läuft der Regierung davon. In wenigen Wochen
soll das Energiekonzept stehen. Dann soll auch die Zukunft der
Kernkraft weitestgehend geklärt sein, die Länge der
Laufzeitverlängerung feststehen. Die Frage, wie viel die
Atomwirtschaft von ihren Gewinnen abgeben muss, wenn sie die
Reaktoren länger laufen lassen darf, wird auch über die
Glaubwürdigkeit der schwarz-gelben Koalition entscheiden. Denn nur
durch Milliarden-Investitionen in neue Stromnetze und Energiespeicher
wird die Atomkraft zu dem, was sie ist: eine Brücke, nicht mehr. So
steht es im Koalitionsvertrag.

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