Die Lage ist ernst, sehr ernst, und sie ist nicht
wirklich politisch zu gestalten. Die Bankenkrise Irlands stürzt die
Europäische Union zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit in eine
Krise. Diese Krise allerdings ist in ihrer Dimension und Qualität
viel bedrohlicher als die Griechenland-Krise, das Szenario eines
Auseinanderbrechens der EU nicht an den Haaren herbeigezogen. Die
Euro-Krise Teil II ist nicht wie in Griechenland einer verschluderten
Haushaltspolitik und mangelnder Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft
anzulasten, sie ist Ausfluss der Bankenkrise. Die EU-Politik hat
innerhalb weniger Jahre das Armenhaus Europas zum keltischen Tiger
gemacht – mittels fragwürdiger Steuererleichterungen. Banker, die
keine bessere Idee hatten, schaufelten Milliarden in irische
Zweckgesellschaften. Mit der Finanzkrise aber ist diese Luft-Ökonomie
in sich zusammengefallen, der Tiger ein Bettvorleger. Hunderte
Milliarden Euro deutscher wie britischer oder französischer Banken
stehen im Feuer. Die Gefahr einer neuerlichen Kettenreaktion im
europäischen Finanzsystem ist bedrohlich nahe. Irland muss mit einem
Drittel seiner Wirtschaftsleistung für eine einzige Bank bürgen. Das
kann nicht gut gehen. Die rasante Abwertung des Euro wie auch die
dramatisch steigende Risiko-Prämie für irische Staatsanleihen in Form
von Zinsen zeigen, wie verschreckt die Finanzmarktakteure reagieren.
Merkels Forderung, künftig Privatanleger wie Banken, Versicherungen
und Menschen wie du und ich an den Rettungskosten der Institute zu
beteiligen, wirkte wie Öl im Feuer. Zwar ist es richtig, den
Schlamassel nicht allein den Steuerzahlern aufzuhalsen, aber der
Zeitpunkt für den Vorstoß war falsch. Die Währungsunion hat zu viele
Risse, nach Irland steht die Zahlungsfähigkeit von Portugal und
Spanien infrage. Finanzkrise, Verschuldung und der absichtsvolle
Bruch der Stabilitätsregeln – dem Euro droht multiples Organversagen.
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