Wenn ein Rücktritt überfällig war, dann dieser.
Spätestens das desaströse Ergebnis bei der Entlastung auf der
Hauptversammlung vor gut zwei Wochen musste Anshu Jain und Jürgen
Fitschen – und auch Aufsichtsratschef Paul Achleitner – klar gemacht
haben: Es kann so und vor allem mit uns nicht weitergehen. Die
Stimmung auch unter den Beschäftigten wurde immer schlechter, das
Kopfschütteln auch in der Bankenszene immer größer.
Dabei muss Jain und Fitschen auch bewusst sein, dass es nicht nur
um sie geht, sondern auch um ein geschichtsträchtiges, fast 150 Jahre
altes Institut mit 98.000 Mitarbeitern, das in Deutschland, für
deutsche Unternehmen und auch für den Ruf des Landes eine extrem
wichtige Rolle spielt.
Sicher ist: Auch in Berlin ist man nicht „amused“. Vor allem die
Berufung des Briten Anshu Jain vor drei Jahren an die Spitze entpuppt
sich als Fehlgriff. Fast schon täglich wartete die Öffentlichkeit
zuletzt auf Meldungen über den nächsten Skandal der Deutschen Bank.
Dass Fitschen in München wegen möglichen Prozessbetrugs noch
monatelang vor Gericht stehen wird, ist auch nicht gerade hilfreich,
auch wenn er bis zum Beweis des Gegenteils als unschuldig gilt.
Von dem von beiden Chefs großspurig proklamierten Kulturwandel ist
bei der Deutschen Bank wenig zu sehen. Und die häufig verkündeten
Strategieschwenks dokumentieren das Chaos oben in den Türmen der
Frankfurter Taunusanlage. Fitschen ist dabei eine eher tragische
Figur. Er genießt in Bankenkreisen hohes Ansehen, hat aber die
Aufgabe an der Spitze der Bank offensichtlich unterschätzt.
Den 54-jährigen John Cryan hatte wohl niemand als möglichen
Nachfolger von Fitschen und Jain im Blick. Fraglich ist ohnehin, ob
es Sinn macht, dass wieder ein Brite, wie Jain vermutlich ebenfalls
der deutschen Sprache nicht mächtig, die größte deutsche Bank führt.
Ist das wieder ein Zugeständnis an die Investmentbanker in London?
Sind sie etwa wichtiger als der Ruf und das Renommee der Deutschen
Bank in Deutschland?
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