WAZ: Der Streit um die Atomlaufzeiten – Ein Großkonflikt. Kommentar von Miguel Sanches

So wie es war, kann und darf es nicht bleiben. Das
war Bundeskanzlerin Angela Merkels Einsicht. Es war ihr
Erkenntnisgewinn im Urlaub. In der Atomdebatte spürt man die
Entschlossenheit der Kanzlerin, die Zügel in der Koalition enger
anzuziehen. So weit, so gut.

Allein, es kommt zu spät. Merkel hatte bis zur
nordrhein-westfälischen Landtagswahl im Mai die Mehrheit im
Bundesrat und die Chance, im Alleingang und verfassungspolitisch
koscher die Laufzeiten der Kraftwerke zu verlängern. Diese Chance
aber hat Schwarz-Gelb vertan. Der Ausstieg aus dem Atomkonsens hätte
so oder so eine politische Kettenreaktion ausgelöst. Aber nun wird
daraus mehr: Ein Großkonflikt.

Er wird wohl unweigerlich beim Bundesverfassungsgericht in
Karlsruhe enden, das weniger den Atomausstieg als vielmehr die
Beteiligung des Bundesrates am Gesetz prüfen dürfte.

Die Rechtsfrage ist eine Sache, die gesellschaftliche Akzeptanz
eine ganze andere. Umweltminister Norbert Röttgen hat deshalb in der
Union früh die Frage aufgeworfen, ob sie ausgerechnet die Atomenergie
zum Alleinstellungsmerkmal machen will. Die Frage stellt sich heute
anders: Ist Röttgen allein?

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de