WAZ: Der Verlust an Zivilisation – Kommentar von Frank Preuß zu Aleppo

Sogar Nachrichtensprechern versagte für einen Moment
die Stimme, als das Foto des kleinen Omran aus Syrien im August um
die Welt ging. Ein blutverschmiertes, staubverdrecktes Kindergesicht
starrte uns an und hielt uns auf verstörend intensive Art den Spiegel
unserer Hilflosigkeit vor. Es sind immer die Kinder, deren verletzte
Unschuld uns rührt, deren Leid wir nicht ertragen können, aber
offensichtlich müssen. Der tote Flüchtlingsjunge am Strand, das
nackte Mädchen, damals in Vietnam.

Kinder sterben in Syrien täglich, und der Verlust an Zivilisation,
dessen Zeugen wir in all seinen scheußlichen Details werden, erreicht
monströse Ausmaße. Menschen werden ausgehungert, bombardiert,
abgeschlachtet. Selbst wenn Assad die Rebellen nun mit Putins Hilfe
aus Aleppo vertreibt: Das Morden wird weitergehen, Hunderttausende
werden zu Flüchtlingen.

Wie konnte das passieren, fragen wir mit Blick auf Srebrenica oder
andere Gräueltaten der jüngeren Geschichte. Aleppo passiert jetzt.
Und die Weltgemeinschaft zeigt im Bann ihrer Machtspielchen ihre
Unfähigkeit, Konflikte zu ersticken. Das Scheitern ist beschämend.

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