WAZ: Die grüne Kanzlerin – Kommentar von Daniel Freudenreich

Nach dem Treffen der Kanzlerin mit den
Ministerpräsidenten ist ein breiter Konsens zur Energiewende ganz
nah. Merkel hat clever gehandelt, indem sie dem Drängen der
Länderchefs nach einem Stufenplan zum Atomausstieg flugs nachkam.
Aller Voraussicht nach gehen zwar nur drei der neun neueren Meiler
früher vom Netz als jüngst vorgesehen; dennoch ist dies ein Signal,
dass es Merkel ernst meint mit dem raschen Ausstieg. Das haben viele
bislang angezweifelt. Der Stufenplan kann auch dazu beitragen, dass
es 2021/22 eben nicht zu Engpässen kommt. Schließlich wären nach der
bisherigen Planung alle neun Meiler fast auf einen Schlag vom Netz
gegangen. Ganz nebenbei hat Merkel den Grünen den Wind aus den Segeln
genommen. Sie können nun nicht mehr kritisieren, dass der Ausstieg zu
langsam vorangeht. Stattdessen baut ihnen die Kanzlerin eine Brücke,
um dem Energiekonzept doch noch zuzustimmen. Freilich tut sie das
auch aus Eigennutz. Das grüne „Ja“ wäre quasi das Ökosiegel für die
Energiewende. Sei–s drum: Wenn der Stufenausstieg wirklich so kommt,
dann müssten ihm alle Parteien zustimmen können.

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