WAZ: Die Politik und das Internet – Im Tiefschlaf. Kommentar von Walter Bau

Weil der Internet-Riese Google seinen
Straßenbildatlas Street View ins weltweite Netz stellt und damit für
jedermann einsehbar macht, ist die Aufregung in der Politik groß. Da
müsse man doch etwas gegen tun. So gehe das schließlich nicht. Und
überhaupt. Im Internet mache jeder was er wolle, das müsse ein Ende
haben.

Gerade so, als sei das Internet erst gestern erfunden worden! Man
fragt sich, wo diese Politiker die letzten Jahre gelebt haben.
Offenbar im gedanklichen Tiefschlaf. Google schickt seine
Kamera-Autos schon seit zwei Jahren durch die deutschen Städte. Und:
Datenlecks, etwa bei beliebten sozialen Netzwerken wie Facebook,
sorgen schon viel länger für Ärger. Kinderporno-Seiten, illegale
Musik-Downloads, das Abfangen sensibler Daten in betrügerischer
Absicht – seit Jahren sind die Medien voll davon. Doch die Politik
schafft es nicht, eine umfassende, durchdachte Strategie zum Daten-
und Verbraucherschutz zu entwickeln. Stattdessen schimpfen sie auf
Google. Das ist ja auch leichter, als sich selbst Gedanken zu machen.

Die Bundesregierung hat nun angekündigt, im Herbst ein
Gesamtkonzept zum Thema Internet vorzulegen – über zehn Jahre,
nachdem das weltweite Web ein Massenmedium wurde. Donnerwetter.

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