WAZ: Die Risiken der Revolution – Kommentar von Stefan Schulte zum Eon-Umbau

Den dunklen Limousinen der Eon-Manager wird der
Umzug nach Essen gut stehen – statt mit D-ON werden ihre Kennzeichen
ab 2016 mit den richtigen drei Buchstaben beginnen – E-ON. Der Grund
für den Standortwechsel ins Revier des größten Rivalen RWE dürfte das
nicht gewesen sein, eher schon, dass die neue Eon mit ihren
Zukunftsfeldern perfekt in die wenige Jahre jungen Gebäude an der
Messe passt.

Ob sie aber mit ihrer „Revolution“ besser fährt als RWE mit einer
Schrumpfkur in alter Struktur, ist längst nicht ausgemacht. Die
Scheidung der sauberen Eon vom Kraftwerksgeschäft birgt große
Risiken.

Die künftige „Uniper“ bleibt als konventioneller Stromerzeuger
abhängig von den Wendungen der Energiepolitik und damit unter Druck.
Das kann Eon noch lange belasten, schließlich wird es eine Trennung
in Raten. Der rhetorische Spagat, die Trennung als existenziell zu
verkaufen, der abgestoßenen Uniper aber eine goldene Zukunft
weiszusagen, gelang Teyssen nicht ganz.

Auch kann Eon nicht sicher sein, mit den Atomrückstellungen bald
nichts mehr zu tun zu haben. Ob sie ausreichen werden, ist ungewiss.
Nach jetzigem Recht wäre Eon nach fünf Jahren der Trennung von Uniper
aus der Haftung. Doch Gesetze können geändert werden, zum Beispiel,
wenn eine wie auch immer farbene Bundesregierung irgendwann Zweifel
hegt, ob Uniper den Rückbau seiner Atommeiler wirklich stemmen kann –
und kalte Füße kriegt.

Die Aktionäre sind sich dieser Risiken sehr bewusst, wie auf der
Hauptversammlung deutlich wurde. Aber, und das ist die gute Nachricht
für Teyssen: Sie folgen dem Vorstand und sind entschlossen, die
Risiken dieser Revolution einzugehen. Zumindest war gestern in der
Grugahalle weit mehr Aufbruchstimmung zu vernehmen als vor zwei
Wochen unter den RWE-Aktionären.

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 – 804 6519
zentralredaktion@waz.de