Jeder dritte Schüler findet immer noch die DDR nicht
ganz so übel. Bevor wir aber abledern über die Blödheit der Kinder
oder die Faulheit der Lehrer, erinnern wir uns. Seit den siebziger
Jahren wurde Kritik an dem Unrechtssystem in Ostdeutschland
zurückgedrängt. Sie war im Zeichen von Wandel durch Annäherung und
Entspannungspolitik nicht mehr erwünscht. Derselbe Willy Brandt, der
als Berliner Bürgermeister in den sechziger Jahren der DDR noch jede
Daseinsberechtigung absprach, nannte noch kurz vor der 89er Wende das
Festhalten an der Wiedervereinigung eine Lebenslüge. Und auch Helmut
Kohl, der im Herbst 1989 den Mantel der Geschichte am Zipfel ergriff,
hatte sich in den Jahren davor mit kleinen Schritten konkreter
Lebens-Erleichterung zwischen West und Ost abgefunden. Konservative
Kritiker an seiner Deutschlandpolitik, die ihm vorwarfen, er tue zu
wenig für die Wiedervereinigung, stellte Kohl kalt. So war der Geist
der Zeit und man kann Eltern oder Lehrern nicht vorwerfen, wenn sie
ähnlich dachten. Mit einigem Abstand und dem inzwischen verfügbaren
Wissen sollte es heute dagegen eine Selbstverständlichkeit sein,
unseren Kindern ein realistisches Bild von der ostdeutschen Diktatur
zu vermitteln.
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