WAZ: Ein kaltblütiger Killer. Kommentar von Gerd Niewerth

Die Anklage der französischen Justiz gegen den
Top-Terroristen Carlos hat 100000 Seiten, die sich auf 82 Aktenordner
verteilen. Allein diese Zahlen verdeutlichen die Dimension der
Verbrechen, die im Laufe von 20 Jahren die Welt erschütterten. Der
Angeklagte bestreitet die Taten, die sie ihm in Paris zur Last legen.
Er nimmt für sich in Anspruch, als Berufsrevolutionär für eine
bessere Welt gekämpft zu haben. In den 70er-Jahren, in der Blütezeit
des linken Terrorismus, als sich Gewalt zuerst gegen Sachen und dann
gegen Menschen richtete, war die Verblendung – besonders bei
Intellektuellen – anfangs gefährlich groß. So groß, dass Terroristen
vom Schlage Carlos–, Andreas Baaders und Christian Klars als
Revoluzzerhelden galten und ihre skrupellosen Taten bisweilen
„klammheimliche Freude“ auslösten. Doch das legte sich rasch. Auch
weil sich die Erkenntnis durchsetzte, dass Terrorismus, egal welcher
Couleur, nichts mit Revolutions-Romantik zu tun hat. Terrorismus ist
immer feige, denn er zerstört das Leben Unbeteiligter und
Unschuldiger. Terrorismus hat die Welt keinen Deut besser gemacht.
Carlos ist kein Robin Hood, sondern ein kaltblütiger, zynischer
Killer.

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