Es ist eine Geste von tiefer Symbolik: Der 76 Jahre
alte Papst geht vor den jungen Gefangenen in die Knie, wäscht ihnen
die Füße und küsst sie. Das ist ganz im Sinne des armen
Wanderpredigers Jesus und kommentiert zugleich das Vorgehen von Papst
Benedikt XVI., der es bei der rituellen Waschung von Priesterfüßen
beließ. Beschert uns Ostern, das Fest der Auferstehung, auch im
metaphorischen Sinne eine „Auferstehung“, eine Erneuerung der
Katholischen Kirche? In wenigen Wochen hat Franziskus mehr bewegt als
sein Vorgänger in acht Jahren. Es ist eine deutliche Kritik an der
Selbstzufriedenheit des Klerus, wenn er seine Kirche auffordert, an
den Rand der Gesellschaft zu gehen, dorthin, wo Armut und Schmerz
wohnen. Wer nicht hinausgehe, werde zum religiösen Verwalter, sagte
der Papst – ein Seitenhieb auf den vielfach beklagten Stillstand
unter Benedikt. Doch eine Kirche der Armen, wie Franziskus sie will,
ist noch keine neue Kirche. Er mag mit der U-Bahn fahren oder auf die
roten Schuhe verzichten – drängende Themen wie die Ökumene, die
Rechte Geschiedener oder die Stellung der Frauen in der Kirche hat er
bisher nicht angesprochen.
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