WAZ: Ein Prozess ohne Gewinner – Kommentar von Walter Bau

Dominique Strauss-Kahn – der mächtige Banker, der in
Handschellen abgeführt wird. Das Bild geht um die Welt. Ist das ein
gebrochener Mann, Opfer falscher Anschuldigungen, der sich um sein
Lebenswerk gebracht sieht? Oder steht da ein skrupelloser
Gewalttäter, der eine Frau, die ihn abwies, brutal zum Sex zwingen
wollte? Jeder Zeitungsleser, jeder Tagesschau-Zuschauer hat seine
Meinung über Dominique Strauss-Kahn. Doch was wirklich in jener New
Yorker Hotelsuite geschah, wissen nur der Ex-Banker und das
Zimmermädchen, das ihn beschuldigt. Noch ist der Prozess nicht
terminiert, doch schon jetzt ist klar: Das Verfahren wird eine
juristische Schlammschlacht. Die hoch bezahlten Star-Anwälte
Strauss-Kahns werden das Leben des mutmaßlichen Opfers
auseinandernehmen, seine Glaubwürdigkeit und Integrität in Zweifel
ziehen, die Frau persönlich angreifen. Auf der anderen Seite wird die
Anklage Strauss-Kahns so genannte sexuelle Eskapaden früherer Jahre
genüsslich ausbreiten. Und alles wird an die Medien durchgestochen,
um die Meinungshoheit in der Öffentlichkeit zu erobern. Wie immer das
Urteil der New Yorker Richter auch lauten wird: Angesichts dieser
Ausgangslage wird es in diesem Prozess letztlich nur Verlierer geben.

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