WAZ: Eine europäische Bundesbank – Kommentar von Hannes Koch

Die EZB steht zwar in Frankfurt, aber nicht unter
deutscher Herrschaft. Dass EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark seinen
Abschied nimmt und kürzlich bereits Ex-Bundesbank-Chef Axel Weber
zurücktrat, sind Zeichen, dass sich die Deutschen in der Notenbank
nicht immer durchsetzen können. Das ist aber kein Grund zur großen
Sorge. Denn worum dreht sich die Auseinandersetzung? Stark und Weber
lehnten es ab, dass die EZB die Staatsanleihen verschuldeter Länder
kaufte. Durch die beschränkten Anleihekäufe steht die
Geldwertstabilität des Euro aber nicht in Frage. Bisher hat die Bank
Staatsanleihen für 130 Milliarden Euro erworben – eine im Vergleich
zur Wirtschaftsleistung der Eurozone winzige Summe. Die Aufkäufe sind
eine Ausnahme und keine normale Politik. Im Verhältnis zu anderen
Währungen ist der Euro auch ein starkes und stabiles Zahlungsmittel.
Fraglos orientiert sich die EZB nach wie vor am Ziel der
Geldwertstabilität. Sie zeigt jedoch eine neue Flexibilität. Manch
hartem Deutschen mag das nicht gefallen. Aber die Zeiten der
geldpolitischen Dominanz der alten Bundesbank sind vorbei.

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