WAZ: Erschossen in Afghanistan – Kommentar von Ulrich Reitz

Das letzte Bild, das Anja Niedringhaus auf ihre
Internetseite stellte, hält eine Szene vor der morgigen Wahl in
Afghanistan fest. Es ist fast ein Gemälde, ein Zeugnis aus einer uns
völlig fremden Welt. Kurz danach wurde die vielfach ausgezeichnete
deutsche Reporterin in ihrem Auto erschossen – von einem afghanischen
Polizeichef mit einer Kalaschnikow.

Kriegsberichterstatter riskieren ihr Leben für die Wahrheit. 2013
starben 21 Journalisten. In Afghanistan, Syrien, Somalia, Pakistan,
Indien. Niedringhaus war eine Waffenfeindin und Menschenfreundin. In
ihrem letzter Eintrag auf dem Kurznachrichtendienst Twitter, am 2.
April um 6.22 Uhr, empfiehlt sie einen Artikel, in dem ein Afghane in
der New York Times schreibt, man müsse sein Land einfach lieben,
allen Grausamkeiten zum Trotz.

Kriegsberichterstatter, Schreiber wie Fotografen, dokumentieren
nicht nur das Grauen, sie verändern damit auch die Wirklichkeit. Nach
Nick Uts Foto des Napalm-Mädchens aus dem Vietnamkrieg (1972) war
nicht nur die amerikanische Welt eine andere.

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