WAZ: Fördern bis zum letzten Tropfen – Kommentar von Gerd Heidecke zu Ölbohrungen in der Arktis

Es mag ein Zufall sein, dass vor genau 20 Jahren
Umweltaktivisten von Greenpeace die ausgediente Ölförderinsel Brent
Spar kaperten und in einem langen Medienkampf den Ölmulti Shell dazu
zwangen, den ölverseuchten Schrotthaufen an Land zu entsorgen, statt
billig im Meer zu versenken. Jetzt steht Shell kurz davor, im
ökologisch hoch sensiblen arktischen Meer nach Erdöl zu bohren.

Trotz eines zurzeit vergleichsweise niedrigen Ölpreises dank
Fracking-Boom: Der Kampf um den letzten aus der Erde zu pressenden
Tropfen Treibstoff, er hat gerade erst begonnen. Und er wird
gnadenlos auch gegen die Natur geführt.

Vor über einem Vierteljahrhundert lief der Tanker Exxon Valdez auf
Grund, während der betrunkene Kapitän schlief. 2000 Kilometer Küste
in Alaska wurden verseucht. Noch heute stößt man an vielen Stränden
in wenigen Zentimetern Tiefe auf die schwarze Pest. Auf natürlichem
Wege werden die Klumpen in der Kälte kaum abgebaut.

Die Klagerufe der Umweltschützer über die Gefahren der
explodierenden Ölförderung rund um den Polarkreis, sie werden
ungehört verhallen. In Russland dürfen sie nicht einmal ausgestoßen
werden. Die Gier nach Öl gefährdet in der Arktis eines der letzten
noch halbwegs unberührten Naturgebiete der Erde.

Und die Antarktis als der sprichwörtlich letzte weiße Flecken auf
der globalen Rohstoffkarte, sie ist nur scheinbar langfristig vor
Ausbeutung und Zerstörung geschützt. Bis der ölsüchtige Mensch auch
hier nach dem allerletzten Tropfen greift.

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