WAZ: Für die Freiheit – Leitartikel von WAZ-Chefredakteur Andreas Tyrock zu den Terroranschlägen von Paris

Liberté, Egalité, Fraternité – Frankreich steht für
die Begriffe Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, die auf den
Losungen der französischen Revolution fußen. Es sind Werte, die den
Kitt einer aufgeklärten, demokratischen Gesellschaft bilden. Ebenso
wie Toleranz, Respekt, Mitmenschlichkeit, Solidarität. Diese Werte
sollen zerstört werden. Von radikalisierten islamistischen
Fanatikern, deren Handeln allein durch unbeschreiblichen Hass, durch
Gewalt, Brutalität und Unterdrückung geprägt ist.

Deshalb müssen die westlichen Gesellschaften jetzt zusammenstehen.
Die Anschläge von Paris haben eine neue Dimension des Terrors nach
Europa getragen. Sie sollen Europa verändern, so wie der 11.
September 2001 die USA verändert hat. Und sie sollen die Menschen,
sie sollen uns verändern. Es ist ein Angriff auf uns alle. Richtete
sich der Terror früherer Jahre, etwa die Attentate der RAF in
Deutschland, vor allem gegen Repräsentanten des Staates, kann es
jetzt jeden treffen: in der Stadt, im Park, auf dem Weihnachtsmarkt,
im Fußballstadion – unabhängig von Alter, Geschlecht oder vom
Glauben. Das zynische Kalkül sieht vor, möglichst viele Menschen zu
töten, um die westlichen Gesellschaften zu erschüttern, die Staaten
zu destabilisieren. So irrational und menschenverachtend die
Attentäter handeln, so kühl und berechnend agieren die Hintermänner.

Was bedeutet das für die freien Gesellschaften? Klar ist, dass es
die eine, die richtige Lösung nicht gibt, sondern dass die Antworten
vielfältig sind. Dazu gehört das Bekenntnis zu den westlichen Werten,
die es weiterhin zu leben und zu verteidigen gilt. Jetzt erst recht,
muss das Signal sein. Dazu gehört auch die Solidarität mit Frankreich
und den Opfern – unmissverständlich und bedingungslos. Dies alles hat
viel mit Symbolik zu tun, die wichtig ist im Umgang mit den Gefühlen
der Angst oder Ohnmacht, die allein aber natürlich nicht ausreicht.

Der Terror ist eine permanente Bedrohung für die innere Sicherheit
in Deutschland und Europa, die Sicherheitsbehörden wie Polizei oder
Geheimdienste haben weder von der Ausstattung noch von der
gesellschaftlichen Akzeptanz her die Wertigkeit, die sie verdienen.
Dies muss sich ändern, die Demokratie muss wehrhaft sein. Ebenso muss
sich Europa wieder als Werte- und Schicksalsgemeinschaft verstehen,
die mehr ist als eine Ansammlung von nationalen Einzelinteressen und
die gemeinsam mit den westlichen Verbündeten weltweit gegen den
Terror vorgeht.

Innenpolitisch könnte in Deutschland jetzt die Stunde der rechten
Demagogen und Hetzer schlagen. Hier braucht es einen Aufschrei der
Anständigen. Wer etwa die Anschläge von Paris mit der aktuellen
Flüchtlingsdebatte verbindet und entsprechend instrumentalisiert,
handelt verantwortungslos und schändlich. Denn diese Menschen fliehen
vor eben diesen Terroristen. Dass die deutsche Politik bisher keine
Antworten auf die Flüchtlingsfrage gefunden hat, kann man doch nicht
den Flüchtlingen und damit den Opfern anlasten.

So schwer es fallen mag: Bei aller Trauer, bei aller
Fassungslosigkeit und Verunsicherung müssen die westlichen
Gesellschaften besonnen reagieren. Angst und Wut sind schlechte
Ratgeber, Aktionismus führt zu Fehlern. Darauf warten die Terroristen
nur.

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