WAZ: Gesundheit zu Marktkonditionen – Kommentar von Stefan Schulte

So schlimm die Finanzkrise auch war – sie hat den
Blick für manch grundsätzliches Problem geschärft. Etwa die
Krisenanfälligkeit privater Sozialversicherungen. Während die
beitragsfinanzierten Solidarkassen weitgehend unbeschadet durch die
Krise kamen, hat es die Privaten Renten- und Krankenversicherer
ordentlich durchgerüttelt. Ihren Prinzipien folgend wird das Problem
weitergereicht an die Kunden. Das kann man den Konzernen kaum
vorwerfen – sie befolgen nur die Regeln ihres Marktes. Doch
deutlicher wurde selten, wie heikel es ist, ein Gut wie die
Gesundheit den Spielregeln der Finanzwelt zu unterwerfen. Weil ihre
Beiträge von den Zinsen abhängen, müssen Ältere mehr zahlen. Darüber
kann man sich empören, nur: Diese gelebte Unsolidarität ist politisch
vorgegeben. Am ehesten wird sich das Zwei-Klassen-System selbst
auflösen. Die seit Jahren enormen Beitragserhöhungen zeugen davon,
dass die private Vollversicherung immer unattraktiver wird – auch für
die Konzerne selbst. 2008 stellten deshalb Axa, Allianz und Ergo
selbst die Vollversicherung infrage. Die beste Rendite erzielen sie
längst mit ihren Zusatzversicherungen. Und die will ihnen auch keiner
nehmen.

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